Sonntag, 30. Oktober 2022

The Rum Cask Jamaica Rum 12 YO Hampden DOK 2009

Liebe Rum Gemeinde,

fast drei Monate sind seit meiner letzten Review vergangen und wiederum ca. zwei Jahre sind ins Land gegangen, seit es das letzte Mal eine "Recommended by Barrel Aged Thoughts" Abfüllung von The Rum Cask gab. Mit dem Release am Freitag und diesem Posting heute geht beides mehr oder weniger zeitgleich an den Start, was nicht zuletzt auch mit einem ganz persönlichen Jubiläum auf diesem Blog zu tun hatte...  



Fast auf den Tag genau vor zehn Jahren, am 26. Oktober 2012 war es, da ging das allererste Review auf Barrel Aged Thoughts online! Ein Monymusk-Crosstasting zwischen dem Bristol 1976 und dem A.D. Rattray 1986 war das damals. Zehn Jahre, das sind, je nach Blickwinkel und Relation, ein Wimpernschlag in der Geschichte oder auch eine halbe Ewigkeit. Zumindest in Bezug auf die internationale Rum Community kann man bei zehn Jahren aber glaube ich schon von einem ganz ordentlichen Zeitumfang sprechen, bedenkt man nur, wie wenige derer die heute dabei sind es auch damals schon waren und in welchem Maße sich die Rum Landschaft seither verändert hat. In der Rum Welt liegen zwischen 2012 und 2022 meines Erachtens nicht weniger als Welten, was ich hier und vor allen Dingen hier auch einmal in zwei gesonderten Beiträgen zum Thema "A Decade of Rum: 2010 - 2019" dargestellt habe! Die Etablierung der Fassstärke, die Schaffung eines Bewusstseins für die Unterschiede zwischen kontinentaler und tropischer Reifung und eine teils komplette Umkehr des Verhältnisses von Angebot und Nachfrage sind dafür die wohl augenscheinlichsten Beispiele. Diese zehn Jahre waren nicht zuletzt aber auch für mich persönlich wahnsinnig ereignisreiche Jahre. Als ich mit BAT startete, startete ich parallel auch in meine Ausbildung. Meine Tochter war damals gerade zwei Jahre alt, heute steckt sie schon in der Pubertät. Ich verlor das Hobby teils aus den Augen und fand aber auch jedes Mal dort hin zurück. 

Eine Destillerie und ein Mark welches mich in den vergangenen zehn Jahren stets begleitet hat, davon fünf Jahre als bis dahin noch vollkommen unbekanntes Mysterium, ist Hampden DOK. Vor zehn Jahren war es noch vollkommen utopisch, dass dieser Rum Style einmal in dieser Weise gefragt sein würde, wie es heute der Fall ist. Mehr noch, er wurde noch nicht einmal zum Verkauf für Endkunden an irgendeiner Stelle angeboten! DOK war ausschließlich Rum für die Industrie! Auch erinnere ich mich noch gut an das verächtliche Unverständnis von Richard Seale im Jahr 2018, als mit dem Letter of Marque das meines Wissens nach allererste DOK Release in Fassstärke und auch das allererste unter Verweis auf dieses Mark an den Start ging. Er konnte sich mit Blick auf die historische Rolle von High Ester Rums als reines Flavouring Material für Blends nicht vorstellen, dass es tatsächlich Menschen geben könnte, die das pur trinken wollen, eben weil es zu diesem Zweck nie hergestellt wurde. Für ihn war das, als käme jemand auf die Idee, den Cola Sirup bei McDonalds pur zu trinken. Aber eben dieses Bottling, der Letter of Marque, für das sich damals die Blogs Single Cask Rum, RUMBOOM und eben Barrel Aged Thoughts unter dem Dach von The Rum Cask verantwortlich zeigten, ist dann im Grunde auch schon das Stichwort, denn der Rum um den es heute geht stellt den Rest des Fasses von damals dar, der noch viereinhalb Jahre weiter im Lager von TRC und in eben jenem Fass reifen durfte. Diesen Rum füllten die Jungs aus Pirmasens nun ab und nach einer intensiven Verkostung vorab war klar, dass ich diesem Rum gerne meine Empfehlung gebe, erkennbar am goldenen Sticker, der erstmals 2013 zur Anwendung kam und am Gelbbrustara, der seit 2017 diese ausgewählten Bottlings ziert. Was hat es mit den Abfüllungen mit dem Sticker und dem Ara auf sich? Kurz gesagt war diese Kooperation eine simple Win-Win-Situation. The Rum Cask waren damals vor neun Jahren noch neu im Rum Business unterwegs und profitierten von unserem Know How (damals waren wir bei BAT noch zu dritt). Wir verkosteten Fassproben parallel zu den Jungs und teilten mit ihnen unsere Einschätzungen. Und wir wiederum konnten auf diesem Wege Einfluss darauf nehmen, was ein Independent Bottler abfüllt und waren nicht mehr ausschließlich darauf angewiesen, dass die IBs ein glückliches Händchen hatten. Damals lief da nämlich bei den meisten noch ganz viel nach dem Zufallsprinzip und auch unser Geschmack entsprach damals noch einer absoluten Nische, die leider selten bis gar nicht bedient wurde. Wer genaueres dazu erfahren möchte: hier habe ich die Geschichte der Recommended Bottlings detailliert dargelegt.


Für diejenigen, die vielleicht noch neu in der Materie sind, hier an dieser Stelle nochmal kurz ein paar Infos zum Mark DOK, entnommen aus meinem Artikel "Hampden Estate - ein Überblick":

"Der Stil mit dem höchsten Estergehalt überhaupt bei Hampden wird mit dem Mark DOK (Dermot Owen Kelly-Lawson) bezeichnet. Er weist nach der Destillation einen Estergehalt von 1500 bis 1600 gr/hlpa auf und ist laut allgemeiner Jamaica-Klassifizierung ein Continental Flavoured Rum. Von der Main Rum Company wird auch das Mark JMK verwendet, welches für Jamaica Main DOK steht. DOK galt unter Connaisseuren lange Zeit als das spannendste Geheimnis der Destillerie, aber auch, wegen des enorm hohen Estergehalts, als möglicherweise ungenießbar. Seinen Ursprung hat der Stil nämlich im Rumhandel mit Deutschland im 19. Jahrhundert, weswegen er quasi als Hampden-Essenz angesehen werden kann.
Aus der Zeit vor der Schließung Hampdens im Jahr 2003 ist mir kein einziges DOK-Bottling bekannt. Abgefüllt und auf den Markt gebracht wurde ein Hampden DOK meines Wissens nach erstmals im Herbst 2017 durch den niederländischen unabhängigen Abfüller Kintra. Die Angabe, dass es sich um einen DOK handelt befand sich allerdings nicht auf dem Label. Dies passierte erstmals im Frühjahr 2018, als deutsche Rumblogs (darunter auch BAT) in Zusammenarbeit mit dem Abfüller The Rum Cask unter dem Namen Letter of Marque einen solchen Rum der Öffentlichkeit zugänglich machten. Der Estergehalt dieser Rums ist zwar tatsächlich sehr hoch, aber ungenießbar sind die Rums dennoch ganz sicher nicht. Im Gegenteil."

Anders als im April 2018, als der Letter of Marque heraus kam, ist ein Hampden DOK heute natürlich keine absolute Sensation mehr. Viele weitere Bottlings in diese Richtung folgten und unterstrichen, dass DOK unter Freunden des gepflegten Ester-Bombardements durchaus gefragt und gesucht ist. Unverändert blieb hingegen, dass die Erfahrung eines Hampden DOK weiterhin eine wirklich extreme ist! Spannend ist nun also zu beobachten, inwieweit sich das mit zunehmendem Reifegrad ändert, wenn die ganz krassen Spitzen unter dem Einfluss des Fasses so ein wenig Rundungen entwickeln. Der TRC Hampden DOK 2009 kommt mit nun 13 Jahren (das Release war ursprünglich für das Frühjahr geplant und die Label schon gedruckt, daher wird der Rum auf dem Label als 12 YO geführt) schon deutlich reifer daher als er es mit damals acht Jahren tat und ich denke es ist Zeit, zur Verkostung zu schreiten!


Aus Gründen der Transparenz sei an dieser Stelle aber noch erwähnt, dass ich ein Sample und eine Flasche zur Verkostung dieses Rums, sowie zu Fotozwecken, gratis erhielt. Auf meinen Geschmack und die Bewertung hat dies selbstverständlich aber keinen Einfluss. 



Verkostung des The Rum Cask Jamaica Rum 12 YO Hampden 2009:

Preis: die unverbindliche Preisempfehlung für den 2009er Hampden lag bei 119,90€ und Release war am 28. Oktober 2022.  

Alter: von Juni 2009 bis Oktober 2022 durfte der Rum insgesamt 13 Jahre im Fass reifen. Da der DOK ursprünglich schon für das Frühjahr 2022 geplant und die Etiketten gedruckt waren, wird das Alter auf der Flasche aber noch mit 12 Jahren angegeben. 

Lagerung: unbekannt. Vermutlich reifte er aber über die gesamte Zeit seiner Reifung in Europa. 

Fassnummer: #18 - es handelt sich folglich um den Rest des Fasses vom Letter of Marque DOK. Dieser entsprangen nun noch einmal ca. 120 Flaschen a 0,5 Liter + einiges an Samples.

Angel's Share: unbekannt.  

Alkoholstärke: der Rum kommt, wie bei TRC üblich, in Fassstärke daher und weist einen Alkoholgehalt von 64,5 % vol. auf. 

Destillationsverfahren: der Rum entstammt einer Double Retort Pot Still. 

Mark: DOK (Dermot Owen Kelly-Lawson)

Farbe: blass goldenes Stroh.

Viskosität: enge, dünne, parallele Schlieren fließen an der Glaswand herab und verweisen auf einen eher jungen Rum. 

Nase:
 die Erinnerungen und Parallelen zum Letter of Marque sind natürlich unübersehbar! Insbesondere im Crosstasting der beiden nebeneinander wird das deutlich, allerdings bringt der TRC natürlich schon einiges mehr an Reife und Holz mit, was ich als äußerst positiv empfinde. Er ist so gesehen runder, aber selbstverständlich noch immer so ungestüm, wie man es von einem Hampden DOK erwartet. Der Alkoholgehalt ist merklich hoch, aber nicht unangenehm störend. Nach ca. 20 Minuten kommt der Rum dann gar und gar smooth daher und von alkoholischer Schärfe bleibt gar nichts mehr übrig. Assoziationen zu flüssigem Klebstoff, Lösungsmitteln, Marzipan, gegrillter Ananas, gebackener Banane, nasser Erde, Zitrone, Antipasti und geräuchertem Schinken, wie ich sie beim LOM hatte finde ich auch im TRC wieder, aber eben in deutlich fortgeschrittenem Stadium. Ich meine, man darf man nicht vergessen, dass der Rum zwar schon viereinhalb Jahre älter, aber nun mal auch erst dreizehn Jahre alt ist.

Gaumen: ... und da scheppert's auch direkt! Wumms! Wie ein Schnellzug gegen ein Fahrrad schlägt der Rum am Gaumen ein und verursacht ein absolutes Ester-Inferno! Denn auch hier kann man im Grunde alles an Eindrücken wiedergeben, was auch beim LOM schon Phase war, nur, dass das ganze nun eben deutlich harmonischer daherkommt, wenn man sich zu diesem Wort bei so etwas wie einem DOK denn durchringen kann. Der Rum ist dementsprechend unfassbar mundfüllend und wahnsinnig adstringierend. Es zieht einem regelrecht die Schleimhäute zusammen. Der Säure-Anteil ist Mark-bedingt hoch. Natürlich merkt man dem Rum auch die Fassstärke an, aber ich empfinde diese hier als passend und würde sie dementsprechend auch nicht missen wollen. Der Alkohol ist super eingebunden und britzelt nur zu Beginn etwas auf der Zunge (wobei man mit größeren Schlucken durchaus vorsichtig sein sollte). Danach kommt dann auch dementsprechend einfach nur noch Flavour! Ein Bombardement an Estern, gegrillter Ananas, reichlich Obst, Toffee, Antipasti und etwas erdig-muffigem finde ich am Gaumen ebenso wie deftige Chorizo. Die Komplexität die mir beim LOM noch etwas gefehlt hat finde ich hier schon sehr viel eher, auch wenn dieser Rum natürlich auch noch keine zwanzig Jahre oder älter ist. Beim LOM empfand ich den Reifegrad damals als schon beinahe ausreichend, allerdings bleibt insbesondere im Quervergleich kein Zweifel darüber, dass der TRC um einiges ausgewogener auftritt und ihm das mehr als gut zu Gesicht steht. Ein Brett! 

Abgang: Hampden typisch verweilt der Rum nun schon sehr viel deutlicher am Gaumen und begleitet mich bis zum nächsten Morgen. Gegrillte Ananas kommt immer wieder, dazu Toffee und Antipasti. Hier zeigt sich der Reife-Zugewinn beim TRC deutlich! 

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Fazit:
 ich muss ja gestehen, dass das Thema DOK für mich eigentlich schon sehr durch war. Man bekam dazu in den letzten Jahren einiges geboten und das mystische, das diesen Stil lange umgab, ging so ein wenig verloren. Jeder, der da im Thema steckt kennt inzwischen Hampden DOK. Und dennoch hatte der LOM Stoff von damals mit noch einmal viereinhalb Jahren Reife on top auf Grund der persönlichen Verbindung seinen Reiz für mich, war dieses Fass doch etwas sehr besonderes für mich. Daher traf es sich auch vorzüglich, dass dieses Release und das zehnjährige Jubiläum von BAT so zusammenfielen, schließlich war nicht nur dieser DOK ein wichtiger Wegbegleiter während all der Jahre, sondern auch die Zusammenarbeit mit Jens und TRC währt insgesamt nun schon neun dieser zehn Jahre. Daher repräsentierte diese Abfüllung in gewisser Weise alles, wofür der Blog aus meiner Sicht immer stand: Nerd-Stoff, Neugierde, der unermüdliche Antrieb euch da draußen für eben jenen Stoff zu begeistern und zu gewinnen und über diesen Weg meinen Teil dazu beizutragen, dass solche Bottlings (anders als zum Start von BAT, als wir sehr auf dem Trockenen saßen) überhaupt möglich sind.
Mit der steigenden Nachfrage stieg im Laufe der Jahre aber auch nicht nur das Angebot, sondern es stiegen auch kontinuierlich die Preise. Und das Preisleistungs-Verhältnis bei diesem DOK fällt mir offen gestanden auch schwer zu beurteilen. Ich weiß ja noch, zu welchem Kurs der LOM damals kam. Und da das Fass folglich bereits 2018 gekauft war, kamen seit dem im Grunde nur Lagerkosten und geringfügig Schwund an Liquid dazu, die einen Preis von über 100% mehr im Vergleich zu damals sicher nicht notwendig gemacht haben. Das schmeckt nicht jedem und ich müsste lügen, würde ich behaupten, dass ich derlei Kritik nicht nachvollziehen könnte. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass ich jeden Händler verstehen kann, der keine Lust mehr hat dabei zuzusehen, wie Bottlings innerhalb von Minuten ausverkauft werden und wenig später auf Rum Auctioneer  etc. zu deutlich höheren Kursen weggehen. Die Kunst liegt meines Erachtens dementsprechend darin, einerseits diejenigen, die ihre Flaschen wirklich noch aufmachen und den Stoff lieben nicht zu verprellen und andererseits den Flippern die Taschen nicht vollkommen widerstandslos zum eigenen Nachteil voll zu machen. Ob da ein Gleichgewicht gelungen ist, muss jeder mit sich ausmachen und darauf basierend eine Kaufentscheidung fällen, aber ich finde, wie erläutert, für beide Seiten Argumente und glaube, dass es der Markt auch ein Stück weit richtet. Beispiele für Bottlings, die wie Blei in den Regalen liegen findet man schließlich zuhauf und der heute verkostete Rum gehört mit einer Verweildauer von ein paar Minuten im Shop am Freitag definitiv nicht dazu. 

-ohne Score-Wertung-


Der TRC - DOK im Mai Tai:

Und ja, wenn schon denn schon! Der Mai Tai war für mich und auch auf diesem Blog hier schon immer eine Herzensangelegenheit und so komme ich gar nicht daran vorbei, schon gar nicht zum zehn jährigen, auch diesen High Ester Rum in meinem Lieblingsdrink auszuprobieren. Ich gebe zu, mein persönlicher Geschmack hat sich da in den letzten Jahren etwas verschoben, dahingehend, dass mir gemäßigtere Jamaica Rums im Mai Tai etwas besser gefallen, aber der Versuchung eines Hampden DOK mit dreizehn Jahren Reifezeit in diesem Tiki Klassiker kann ich natürlich nicht widerstehen. 



Das Rezept meiner Wahl (nach Trader Vic):

  • 6,0 cl The Rum Cask Jamaica Rum 12 YO Hampden DOK 2009
  • 1,5 cl Ferrand Dry Curacao 
  • 1,0 cl Meneau Orgeat
  • 0,5 cl J.M. Zuckersirup
  • 3,8 cl Limettensaft (frisch gepresst!)


Die Anmutung im Glas ist gewohnt und vertraut, der Drink ist sehr hell und ein wenig ins milchige gehend, wie immer, wenn ich den Mai Tai mit eher jungen, kontinental gereiften Hampden zubereite. 

Geschmacklich dann, wie schon in der Pur-Verkostung, die absolute Explosion! Sehr, sehr geil! Ein absolut intensiver, dabei aber smoother, fruchtiger Mai Tai, eine absolute Aromenbombe! Während ich den Mai Tai mit dem Letter of Marque noch eher in einer Kombination gemixt habe, sprich diesem einen noch etwas reiferen Rum an die Seite gestellt habe um mehr Tiefgang und Komplexität in den Drink zu bringen hat das der TRC defintiv nicht nötig. Zwar merkt man auch hier, dass der Rum im Drink keine zwanzig Jahre alt ist, aber dieses etwas farblose (im wahrsten Sinne) hat er nicht mehr. Wer mal einen Mai Tai mit ungereiftem Rum probiert hat, der weiß was ich meine. Bei denen sieht man das natürlich am deutlichsten. Der hohe Alkoholgehalt des Mai Tai bereitet keinerlei Probleme, er lässt sich sehr entspannt trinken. Natürlich profitiert er auch nochmal etwas von der Verwässerung, was für mich aber ein eher positiver Aspekt ist, heißt dies doch vor allem, dass man sich mit dem Genuss auch länger Zeit lassen kann, ohne Sorge haben zu müssen, dass der Drink durch zu viel Schmelzwasser in seiner Qualität merklich einbüßt. Alle Zutaten harmonieren miteinander und machen, was sie im Mai Tai zu machen haben: der Rum steht im Vordergrund, die anderen Zutaten setzen ihn in Szene, ohne von ihm erschlagen zu werden. Wunderbar! 

Fazit: 

Kann man machen! Klar, den Diskurs darüber ob Rums mit einem solchen Preisschild in einen Drink gehören führe ich, seit ich Rums mit diesen Preisschildern in eben jenen Drinks vermixe. Aber ich stehe da absolut zu meiner Haltung, dass ein Drink wie der Mai Tai einen Mehrwert für einen Rum wie den DOK darstellt, weswegen es für mich keinen Grund gibt es nicht zu tun. Noch dazu kommen leider immer weniger Rums auf den Markt, deren Preisschild mir merklich besser gefällt und die aber eine vergleichbare Qualität wie die hier dargebotene zu bieten haben. Da haben sich die Zeiten einfach geändert, ein Nerd Stoff wie dieser fliegt eben nicht mehr unter dem Radar und man kann eben nicht alles haben. Gäbe es diesen Markt in der Form nicht, käme auch der Stoff nicht in den Handel. Insofern bin ich da mit allem fein! Wird wieder gemixt!

PS: den TRC Jamaica Rum 12 YO Hampden DOK 2009 könnt ihr, wie so viele andere Rums, natürlich auch auf RumX verkosten und bewerten! 


Bis demnächst
Flo

Sonntag, 31. Juli 2022

Grape of the Art Armagnac 32 YO Domaine Séailles 1988

Liebe Rum Gemeinde,

nach über einem Jahr Abstinenz möchte ich mich heute nicht mit einem Rum, sondern mit einem Armagnac zurückmelden, den ich vorab verkosten durfte, nämlich dem aktuellen Bottling von Grape of the Art, dem Domaine Séailles aus meinem Geburtsjahr 1988!



Armagnac, wird sich jetzt möglicherweise der eine oder andere fragen, seit wann trinkt der Flo Armagnac? Zugegeben, meinen ersten Armagnac hatte ich gerade einmal vor ein paar Monaten im Glas. Und auch wenn ich im Bereich Armagnac, Cognac und Weinbrand im Grundsätzlichen noch ein Greenhorn bin, so haben mich die ersten Bottlings von Grape of the Art vor einigen Monaten, und hier insbesondere der Domaine Séailles 2000, sowie ein High End Tasting von Sascha Junkert (armagnac.de) dann doch ziemlich schnell auf den Geschmack gebracht. Den Großteil der Grape of the Art Truppe kenne ich darüber hinaus teils seit vielen Jahren persönlich (wenn auch aus dem Rum Bereich) und so war mir doch irgendwo klar, dass es sich definitiv lohnen würde dort einmal einen Blick hin zu riskieren, denn die Jungs vereinen jede Menge Fachkompetenz auf sich, auf die man sich im Zweifel auch verlassen kann, ohne vorher selbst probiert zu haben. Auch vielen Lesern dürften einige der Gesichter von Grape of the Art aus der Rum Community bekannt vorkommen, und da bin ich dann auch direkt beim nächsten Punkt. 

Denn, und das muss ich an dieser Stelle dann glaube ich auch direkt schon betonen, ich sehe mich selbst nach wie vor in erster Linie als Connaisseur von Rum und begegne auch dem Armagnac dementsprechend. Das bedeutet, dass ich vor allem auf den Stoff schaue, der in seinem Profil denen der Rums die ich gerne mag nicht unähnlich sind. Natürlich, es sind zwei unterschiedliche Spirituosen, aber mir fiel doch direkt auf, dass je näher ein Armagnac in seinen Assoziationen dem Rum ist, desto mehr die Chancen steigen, dass er meinen Geschmack trifft und der Umkehrschluss gilt ebenso. Ist Armagnac dann also nur Rum auf Wish bestellt?😈 Nein, auf keinen Fall! Denn wie gesagt, auch wenn ich persönlich in sehr ausgewählten Armagnacs eher ein Substitut für den doch über alle Maßen teuer gewordenen Rum suche, so darf nicht vergessen werden, dass es sich dabei um eine vollkommen eigene Spirituose handelt, die, gemessen an dem was sie zu bieten hat, vollkommen zu unrecht so lange unter dem Radar lief und gemessen an Rum oder gar Whisk(e)y ja auch noch immer läuft. Daher bin in Bezug auf Armacnac in seiner ganzen Vielfalt wohl eher ich einfach nur ein Banause, aber dafür kann ja der gute Stoff ja nichts. Es ist für den Leser nur entscheidend hinsichtlich der Bewertungen und Interpretationen meiner Reviews. Ich jedenfalls kann, ganz unabhängig von meiner eigenen persönlichen Präferenz nur jedem der das bisher noch nicht getan hat empfehlen, sich hier ein wenig ins Thema einzutrinken und zu schauen, wo für ihn ganz persönlich die Reise hingeht. Und wer weiß, vielleicht ändert sich mein Armagnac Geschmack ja auch noch. Im Rum Bereich hat es bei vielen Stilen auch erst ein paar Anläufe gebracht.  

Nun seid ihr es von mir gewohnt, noch einiges an Theorie zum flüssigen Stoff an die Hand zu bekommen und so könnte ich euch jetzt über Armagnac im Allgemeinen und die Domaine Séailles im Speziellen natürlich ein wenig Wissen aus dem Netz zusammentragen, aber das Thema Armagnac ist, wie Rum auch, einfach ein wahnsinnig komplexes und es bedarf eingehender Beschäftigung damit, um es wirklich zu durchdringen. Welche Anbaugebiete gibt es da, aus welchen Trauben wird der Armagnac gebrannt (in diesem Fall Ugni Blanc), wie wird der Stoff gelagert, welche Regeln gibt es (sehr viele und sehr strenge!)? Ich bin da selbst auch erst ganz am Anfang und mag dementsprechend nicht so recht zu einem Thema dozieren, dass ich selbst noch nicht zumindest in wesentlichen Teilen voll erfasst habe. Daher empfehle ich euch für den theoretischen Teil letzten Endes eher, einfach bei Sascha auf der Seite zu stöbern, wenn ihr das nicht eh längst schon hinlänglich getan habt. Dort erfahrt ihr wesentlich mehr als ich euch erzählen könnte und ihr erfahrt es vor allem aus wesentlich kompetenterer Hand. Ich dagegen werde mich nun ganz der sensorischen Erfassung des Grape of the Art Domaine Séailles 1988 widmen, wie gesagt, aus der Sicht eines Rumtrinkers.

Aus Gründen der Transparenz sei an dieser Stelle noch erwähnt, dass ich ein Sample zur Verkostung dieses Armagnacs gratis erhielt. Auf meinen Geschmack und die Bewertung hat dies selbstverständlich aber keinen Einfluss. Wie bei allen meinen bisherigen Reviews, ist auch bei diesem kein Geld geflossen. 

Crosstasting Domaine Séailles 1988 vs. 2000


Verkostung des Grape of the Art Armagnac 32 YO Domaine Séailles 1988:


Preis: der Ausgabepreis für eine Flasche a 0,7 Liter beträgt 130,- Euro. Release-Date war Freitag, der 29.07.2022.

Alter: der Armagnac reifte offiziell von April 1989 bis November 2021 im Fass und ist damit 32 Jahre alt. Diese Angabe mag für einen Rum oder Whiskytrinker merkwürdig klingen, angesichts dessen, dass das Destillationsjahr von 1988 datiert. Tatsächlich lag der Armagnac auch seit seiner Destillation 1988 bereits im Fass und begann zu reifen, doch die offizielle Zählung, so erklärte mir Rob Bauer von Grape of the Art, beginnt für alle Armagnac erst am 1. April nach dem Erntejahr, da bis zum 31. März jeweils noch destillliert werden darf. Offiziell reifte der Domaine Séailles 1988 also erst ab 1. April 1989. Ich sagte ja oben bereits: strenge Regeln ;-)

Lagerung: die Reifung erfolgte im Gebiet Armagnac Ténarèze in Süd-West-Frankreich. 

Fassnummer: Fass #76 ergab 205 Flaschen a 0,7 Liter.  

Angel's Share: keine Angabe. 
 
Alkoholstärke: der Armagnac kommt mit smoothen 50% vol. daher, was aber -trotz des glatten Werts- der Fassstärke entspricht!

Destillationsverfahren: der Armagnac wurde von Roger Laberenne in einem sog. Alambic Armagnacais destilliert, einer Column Still.  

Mark: /

Farbe: tiefes Mahagoni.

Viskosität: der Armagnac bildet fette, eng und parallel verlaufende Schlieren, die am Glas zu kleben scheinen. 

Nase:
 während mich der Séailles 2000 in der Nase noch total an einen tropisch gereiften Demerara Rum aus Diamond erinnert hat und das im direkten Vergleich auch jetzt wieder tut, geht die Assoziation beim 1988er Séailles doch sehr viel mehr in die Richtung Jamaica und Monymusk EMB Mark oder auch zum RA Trinidad Rum T.D.L. 2001. Da sind klare, intensive Klebstoffnoten und viel Holz in Form von krassen Tanninen, allerdings keinesfalls zu viel. Gefällt mir vom Start weg sehr, sehr gut! Der Armagnac kommt in der Nase sehr stark daher mit einem ausgesprochen gut eingebundenen Alkoholgehalt, wobei dieser ja auch nicht so wahnsinnig hoch ist. Ich habe darüber hinaus etwas Röstaromen, Tabak, Kakao, Leder, Minze, Anis, Trockenfrüchte, Zitrusnoten, sowie tropische Früchte. Und ja, das klingt mal original wie die Beschreibung eines Rums, wie ich ihn oben erwähnt hatte, aber ich würde hier blind auch fraglos auf einen solchen tippen, und wenn nicht auf einen EMB oder TDL, dann aber auf jeden Fall auf einen anderen Rum. Dass es sich hier um einen Armagnac handelt, würde ich niemals vermuten! Wenn man es weiß, dann findet man nach einiger Zeit des Atmens auch die Trauben, die kommen stärker durch, je länger er atmet, aber in einem Rum-Blindtasting würde ich auf keinen Fall stutzig werden. Faszinierend, wie eng solch komplett unterschiedliche Spirituosen in ihren Assoziationen dann doch beisammen liegen können! 

Gaumen: am Gaumen bemerke ich zunächst einmal zwei Dinge direkt: erstens die 50% vol. sind sehr gut eingebunden und kommen auch nicht zu wässrig daher (eher samtig, cremig und nur leicht adstringierend), und zweitens die Trauben! Im Gegensatz zur Nase verrät der Gaumen mir doch sehr direkt, dass es sich bei diesem Destillat nicht um einen Rum zu handeln scheint. Dieses Phänomen habe ich aber bereits bei einigen Weinbränden bemerkt, dass die Nasen denen von Rums wirklich zum Verwechseln ähneln, diese Parallelen aber am Gaumen etwas zurückgehen und der Weinbrand heraus tritt. Nichts desto weniger bleiben hier aber auch die Assoziationen zum Rum bestehen und zwar vor allem wieder zu EMB und T.D.L. 2001. Die Minze gepaart mit intensiven Tanninen aber auch trockenem Holz ist wahnsinnig präsent und starke Zitrusnoten sind vorhanden. Der Armagnac kommt schwer und mit einer wirklich beeindruckenden Intensität daher, die ich ansonsten tatsächlich nur vom Rum her kenne. Ich nehme, über die Trauben hinaus, auch tropische Früchte wahr, dazu etwas leicht nussiges und peripher ein Regal voller Gewürze und etwas leicht strohiges-vegetales. Sehr stark! 

Abgang: ein wunderbar langer Abgang! Schwere Tannine verweilen für eine ganze Zeit am Gaumen und Espresso gesellt sich dazu, was mich an alte Skeldons aus den 1970s denken lässt. Das ist wirklich geil! 

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Fazit:
 ein ganz starkes Brett! Der Armagnac kommt wahnsinnig intensiv, gleichzeitig aber auch super smooth daher. Er lässt sich entspannt in der Sonne sippen ohne mich auch nur die Spur zu langweilen. Er beschäftigt mich, ohne mich auch nur im Ansatz zu überfordern. Das mag ich sehr gerne! Einzig, ein paar mehr Prozente hätten ihm möglicherweise noch gut zu Gesicht gestanden, etwa im Bereich des Domaine Séailles 2000, aber ansonsten bleiben da bei mir wirklich keine Wünsche offen. Wie gesagt, ich habe im Bereich Armagnac quasi keine Referenzen vorzuweisen und sehe das ganze komplett durch die Brille eines Rum Lovers, aber was ich sehe gefällt mir hervorragend! Eine Mischung aus tropisch gereiftem EMB Monymusk, T.D.L. 2001 und einem Hauch Old School Skeldon zum Ende hin. Einmal mehr geflasht bin ich auch davon, wie trotz einer in wirklich jedem Punkt unterschiedlichen Herstellung (Melasse vs. Traube, Pot vs. Column Still, tropische vs. kontinentale Reifung,...) zwei Destillate entstehen können, die einander so sehr ähneln. Das ist äußerst faszinierend! Faszinierend ist darüber hinaus auch das Preisniveau im Bereich Armagnac. Gerade einmal 130,- Euro werden für eine Flasche Domaine Séailles 1988 a 0,7 Liter aufgerufen! Es ist Jahre her, dass man einen Rum in dieser Qualität und mit diesen Randdaten zu einem solchen Kurs bekommen hat! Schön, dass das beim Armagnac zur Zeit noch klappt. Allerdings kann ich mir gut vorstellen, dass diese goldenen Zeiten angesichts der vollkommen eskalierten Preise im Rum- und Whisky Bereich auch nicht ewig anhalten. Denn es schauen sich aus diesen Communities längst schon nicht mehr nur einzelne auch im Weinbrand um, um auch mal wieder Flaschen aufzumachen ohne gleich automatisch hohe drei- oder gar vierstellige Beträge damit abzuschreiben. Aber wenn man sich Qualitäten wie diese ansieht, dann kann ich nur sagen: absolut nachvollziehbar und zurecht! Zumal man hier als Rum Lover, insbesondere bei den Grape of the Art Bottlings, quasi bedenkenlos zuschlagen kann. Man merkt einfach, dass die Jungs auch aus dem High End Rum Bereich kommen und ob bewusst oder unbewusst, spiegelt sich dieser Umstand meines Erachtens auch in deren bisherigen Bottlings wieder. Mir kann es nur Recht sein und ich werde die Releases der Jungs weiterhin auf meinem Radar haben!

-92/100-


Bis demnächst
Flo

Sonntag, 7. März 2021

References... Barbados W.I.R.D. Rockley-Style 1986

Liebe Rum Gemeinde,

nachdem sich der Wirbel um den neuen RA Barbados Rockley Style 1986 nun ein wenig gelegt hat möchte ich die Gelegenheit nutzen und all denen die vielleicht noch nicht so lange dabei sind und die Geschichte und die Entwicklung von Rockley bis vor ein paar Wochen eher weniger verfolgt haben verdeutlichen, warum der RA eine derart exponierte Stellung in meiner Wahrnehmung eingenommen hat.



Dazu werde ich euch heute ein wenig, bisher unveröffentlichtes, BAT-Archivmaterial zur Verfügung stellen, das aus einer umfangreichen Parallelverkostung von vor einiger Zeit stammt. Darin habe ich acht verschiedene 1986er Rockley Style gegeneinander getestet, von denen fast alle zu den Referenzen dieses Stils zählen. Und die wenigen wichtigen 1986er die in diesem Crosstasting nicht dabei waren, u.a. der Cadenhead BRS 16 YO, der Green Label 15, oder der 16 YO Bristol, hatte ich zu früheren (und späteren) Zeitpunkten bereits unzählige Male im Glas, so dass ich auch sie im abschließenden Fazit durchaus mit einbeziehen kann. Und zum Abschluss erwartet euch dann sogar noch ein kleiner Bonus. Wichtige Anmerkung: zum Zeitpunkt dieses Tastings waren weder das 1986er Bottling von Silver Seal, noch das von RA überhaupt abzusehen und auch das Review zum Duncan Taylor noch nicht online, den ich im Sommer 2020 schon mal ausführlicher verkostet hatte. Ich habe die Stellen an denen das relevant ist entsprechend mit Anmerkungen versehen, so dass sowohl meine damalige, als auch die mit der Gegenwart heute abgeglichene Sicht der Dinge gleichermaßen herauskommen. Auch das ist entscheidend um den Stellenwert des RA-Bottlings für mich ganz persönlich zu ermitteln. 


Bei den zur Verkostung gekommenen Rums handelt es sich um:
  • Velier Barbados Rum 11 YO Rockley 1986 - 46% vol.
  • Cadehead's Barbados Rum 12 YO W.I.R.R. 1986 - 73,4% vol.
  • Samaroli Barbados Rum 13 YO W.I.R.R. 1986 - 57% vol.
  • The Secret Treasures Barbados Rum 14 YO W.I.R.D. 1986 - 40% vol.
  • Cadenhead Green Label Barbados Rum 18 YO - 46% vol.
  • Bristol Barbados Rum 22 YO Rockley 1986 - Ex-Madeira - 46% vol.
  • Bristol Barbados Rum 25 YO Rockley 1986 Ex-Sherry - 46% vol.
  • Duncan Taylor Barbados Rum 25 YO W.I.R.D. 1986 - 52,7% vol.

... and here we go! ;-) 




Velier Barbados Rum 11 YO Rockley 1986 - 46% vol.

Info: eine Abfüllung, die noch aus der Anfangszeit von Velier stammt, als man weder in schwarzen Flaschen, noch in Fassstärke, noch tropisch gereiften Rum abgefüllt hat, sondern -wie eigentlich alle anderen Independent Bottler- kontinental gereiften Rum von Scheer/MRC in 46% Trinkstärke. Soweit ich weiß handelt es sich hierbei allerdings auch sowohl um den ersten abgefüllten Barbados 1986 Rockley Style überhaupt, als auch um den ersten Rum der West Indies Rum Refinery, der unter dem Namen Rockley firmierte.  Mir ist jedenfalls keine Abfüllung bekannt, die aus einer Zeit davor stammt. Für die Urheberschaft der Bezeichnung "Rockley" könnte dieser Umstand nicht unerheblich sein... genaueres weiß man leider nach wie vor nicht. 

Nase:
 richtig schöne, volle Nase mit viel Vanille, viel Honig, leichten Estern, das ist typisch WIRD 86! Dahinter finde ich auch fruchtige Süße von Bananen, Pflaumen und Aprikosen, sowie Rauch. Dazu medizinische Anklänge. Durch das junge Alter fehlen Holzeindrücke nahezu vollständig. Dennoch wirkt der Rum nicht jung im Sinne von ungestüm. Der hat eine richtig tolle Nase! 

Gaumen: am Gaumen macht sich der geringe Alkoholgehalt von 46% vol. leider zunächst sehr bemerkbar, der Rum ist schon arg dünn. Dahinter erwartet mich dann allerdings, sehr, sehr viel Geschmack nach Honig und auch Vanille kommt stark durch. Er wird nun auch cremiger, was mir gut gefällt. Nach hinten heraus habe ich noch Rauch. Dazu auch Banane, eine natürliche Süße, leichte Nuss. Typisch Rockley! Nicht unbedingt komplex, was aber auch dem geringen Alter geschuldet ist. Auch Holzeinflüsse zeigen sich wenig. 

Abgang: anhaltend, etwas Honig, starke medizinische Ankläge und eine leichte Rauchigkeit begleiten den Rum auf seinem Weg hinab. 

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Fazit: der vielleicht erste abgefüllte Rockley aus 1986 überhaupt (ich kenne, wie gesagt, keinen früheren) und ein sehr solides Debüt für diesen Jahrgang, der noch so vieles bereithalten sollte in den folgenden Jahrzehnten. 

-87/100-


Cadehead's Barbados Rum 12 YO W.I.R.R. 1986 - 73,4% vol.

Info: die Fassstärke-Bombe! Dieses war der zweite mir bekannte Rockley Style Rum, der von Cadenhead im Herbst 1999 in Fassstärke abgefüllt wurde. Ein Jahr vorher gab es schon mal einen 12 YO WIRR, der sogar einen noch höheren Alkoholgehalt aufwies. Das war, so wie auch im gesamten Rumbereich, zur damaligen Zeit, Ende der 1990er Jahre, in jeder Hinsicht außergewöhnlich! Normalerweise füllte niemand sonst vor über 20 Jahren schon Rum mit über 46% vol. ab. Cadenhead waren da absolute Pioniere und legten sowohl den Grundstein als auch mehr als einmal die Messlatte für alles was danach und bis heute folgte! Schade, dass sie an diese glorreiche Ära danach nie wieder anknüpfen konnten!

Nase:
 WTF?! Hilfe!! Auch nach weit über einer Stunde im Glas ätzt dieser Kandidat noch immer alles in der Nase weg, was sich nicht rechtzeitig zurückziehen konnte. Und auch nach zwei Stunden ist noch peripheres Nosing angesagt! Natürlich sind 73,4% vol. eine heftige Ansage, aber gerade die Caroni haben gezeigt, wie zahm ein derart hoher Alkoholgehalt auch sein kann. Das ist hier definitiv nicht der Fall! Der Alkohol ist über alle Maßen präsent und stört für mich jeden Genuss bis hierher. Rockley-Style rieche ich hinter all dem leider auch nur ganz vereinzelt. Der Rum ist sehr medizinisch und hat dazu auch noch eine muffige Note von Bio-Müll. Teilweise erinnert mich das an eine Mischung aus TECA 2003 und Agricole. Wer mich kennt, der weiß, dass das nichts gutes bedeutet... 

Gaumen: der Alkoholgehalt ist auch am Gaumen deutlich präsent, aber nicht in der Art unangenehm wie lange Zeit in der Nase. Klar brennt der gut, aber für seine 73,4% vol. ist das doch umgänglicher als ich dachte. Am Gaumen kommt seine Herkunft deutlicher heraus als in der Nase. Mehr noch: am Gaumen gefällt mir der Rum plötzlich sogar richtig gut! Das ist super konzentrierte Rockley-Essenz. Spitze! Ich habe Vanille, ich habe Honig, ich habe Rauch, ich habe Medizin. Dazu habe ich Anis und sogar ein wenig Holz vom Fass, sowie Teer. Eher trockener Grundcharakter. Der Rum wird dazu cremiger und cremiger, gefällt mir immer besser.

Abgang: im Abgang bleiben dann vor allem Medizin, Vanille und ganz leicht Teer hängen. Langanhaltend.

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Fazit: Ambivalenz pur! Während mir der Rum in der Nase noch mehr oder weniger überhaupt nicht zusagte, gefiel er mir dann am Gaumen dafür richtig gut. Ich finde beide Eindrücke auch kaum vergleichbar, bzw. ähnlich. Als wären das zwei verschiedene Rums. Einmal hui, einmal pfui, quasi.

-83/100-


Samaroli Barbados Rum 13 YO W.I.R.R. 1986 - 57% vol.

Info: ein Name, ein Mythos - Silvano Samaroli! Der Maestro machte sich über Jahrzehnte einen Namen vor allem in der Whiskyszene, aber wie viele andere Independent Whisky Bottler füllte Samaroli gelegentlich auch Rum ab. Deren Qualitäten erreichten zwar meines Erachtens nur selten die Stufe für die Samaroli beim Scotch weltberühmt ist, aber diese wenigen Bottlings haben es durchaus in sich. Nachdem Samaroli starb erreichten einige von ihnen auf dem Secondary Market beinahe astronomische Kurse und auch das W.I.R.R. Bottling um das es heute geht ist nur noch äußerst selten zu finden. Zum Glück hat Olivier Scars es vor einiger Zeit mal gesplittet... Merci!  

Nase:
 der Samaroli erinnert in der Nase dann wieder sehr viel eher an einen Rockley als das beim Cadenhead WIRR 12 YO der Fall war. Vanille, Rauch, Ester und Medizin sind vorhanden, die Honignote ist dagegen eher weniger ausgeprägt, was ich schade finde, denn mir gefällt dieser Teil von Rockley normal sehr. Der Alkoholgehalt, der sich im Vergleich zum 11 YO Velier und zum 12 YO Cadenhead quasi genau dazwischen einordnet, macht sich bemerkbar. Die Nase kommt nicht ganz so geöffnet daher wie beim Velier, macht aber auch nicht ansatzweise so sehr dicht wie beim 73,4% vol.-Monster. Die 57% vol. passen gut, auch wenn auch der Samaroli längere Zeit des Atmens benötigt, bis ich das so sehe. Zu Beginn hat der Alkohol hier nämlich auch noch ganz schön reingehauen. 

Gaumen: sehr schönes, konsistentes Mundgefühl beim Samaroli. Alkohol brennt kaum, verleiht dem Rum aber Körper. Cremiger werdend. Intensiv. Honig, Vanille, Medizin, Rauch, sogar Assoziationen zu Peated Islay, was sonst bei Rockley nicht der Fall ist und was mir hier auch nicht so sehr gefällt. Komplexität mehr als bei den ersten beiden. 

Abgang: medizinisch-rauchig, Peated Islay. Langanhaltend.

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Fazit: das ist leider nicht mein Rum. Der hat zwar ganz vieles von dem, was ich schon auch mag und auch an Rockley mag, aber diese Peated Islay Note gehört da für mich einfach nicht hin und die verleidet mir den Rum leider ein wenig.

-79/100-


The Secret Treasures Barbados Rum 14 YO W.I.R.D. 1986 - 40% vol.

Info: das Leichtgewicht unter den heutigen Abfüllungen! Es mutet aus gegenwärtiger Sicht schon erstaunlich an, auf welch einem Schatz der damalige Schweizer Bottler Fassbind, der die Secret Treasures Reihe kreierte, einst saß und diesen dann sämtlich durch Verdünnung mehr oder weniger zerstört hat. Denn fast alles was ich von TST bisher hatte aus dieser Zeit war in seiner grundsätzlichen Qualität sehr gut bis überragend und ich bin mir sicher, dass uns da einige Sternstunden des Rums genommen wurden. Dennoch darf sich deren W.I.R.D. heute im Crosstasting natürlich beweisen... 

Nase:
 die Nase kommt beim TST wieder sehr Rockley-like rüber. Mit Honig, Vanille, Rauch, Ester, Medizin und einem schönen Obstsalat aus Bananen, Aprikosen und Pflaumen kommt hier alles zusammen was es für einen guten Rockley braucht. Der geringe Alkoholgehalt von nur 40% vol. macht sich dahingehend bemerkbar, dass der Rum sehr aufgemacht hat und von allen Rockley im Feld mit Abstand am leichtesten zugänglich ist. Bemerkenswert finde ich, dass ihn das, anders als das bei anderen Rumstilen oft zu sehen ist, gleichzeitig aber nicht verwaschen hat, zumindest nicht in der Nase. Die ist voll und reichhaltig. Klar, man merkt dass ein wenig die Tiefe fehlt, aber der Alkohol hat bis hierhin den Rum keinesfalls zerstört. 

Gaumen: leider sehr dünn kommt dieser Rockley am Gaumen daher. Zu dünn. Das ist Verwässerung, wie wir sie bei heutigen Abfüllungen glücklicherweise nur noch sehr, sehr selten erleben. Umso ärgerlicher: grundsätzlich ist das, rein geschmacklich, ein sehr ordentlicher Rum, in dem alles steckt, was ein guter Rockley braucht: er hat viel Honig, viel Vanille, einen medizinischen Touch, er hat Rauch, er hat Fruchtigkeit, eine feine, natürliche Süße... mit 46% vol. oder mehr wäre aus ihm eine hervorragende Abfüllung geworden. Destroyed by Dillution! :-(

Abgang: leider macht sich das wässrige auch im Abgang ein wenig bemerkbar. Ich habe frisch geschnittenes Geäst, Honig und etwas Medizin. Anhaltend, aber nicht sehr lang.

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Fazit: ein Rum, der nur im Konjunktiv so richtig Spaß macht. Ein Rum, der zwar alles mitbringt was es gebraucht hätte, um richtig gut zu sein, der aber durch die Verdünnung nahezu zerstört wurde, zumindest im Hinblick auf den Genuss am Gaumen. Ich bin mir sicher, dass dieser Rum mit 55% vol. oder mehr die 90 Punkte Marke genommen hätte. Aber wie ich schon sagte... Konjunktiv!

-80/100-





Cadenhead Green Label Barbados Rum 18 YO - 46% vol.

Info: Cadenhead , die zweite! Dieses Mal allerdings nicht aus der Cask Strength Serie, sondern aus der Green Label Reihe. Um an der Stelle ehrlich zu sein, ich habe die Green Label Reihe nie wirklich verstanden! Okay, dass man sowohl verdünnte als auch Fassstärke Rums anbieten möchte, das Konzept erschließt sich mir, aber warum man den verdünnten Rums eigentlich jede Identität nimmt, indem man sie in die Anonymität verbannt, das habe ich nie kapiert. Schade, dass diese Rums nicht gleichermaßen mit den jeweiligen Eckdaten ausgestattet wurden. Durch aufwendige, jahrelange Recherche ist es bei vielen Green Label Bottlings gelungen diese den entsprechenden Batches aus denen sie stammen zuzuordnnen, aber bei vielen Rums ist das natürlich auch gleichermaßen nicht gelungen und das hätte man sicher besser umsetzen können! Dieses Bottling konnte bereits vor vielen Jahren zweifelsfrei dem Jahrgang 1986 und dem sog. Rockley Batch zugeordnet werden, aus dem auch Abfüllungen in Fassstärke erschienen sind (s.o.). Insgesamt war dieses Release das meines Wissens nach letzte von Cadenhead aus diesem Batch. 

Nase:
 den Sprung von 14 (beim TST) zu 18 Jahren Reifung merkt man in der Nase direkt sehr deutlich. Der Cadenhead Green Label hat zu den typischen Rockley Eindrücken auch schon gut was vom Fass abbekommen. Eine ganze Reihe an Gewürzen bereichern das Portfolio. Der Honig kommt hier kürzer als gewohnt, dadurch erinnert der Rum sogar entfernt an einen Wedderburn-Long Pond. Auch der Anstieg des Alkoholgehalts von 40 auf 46% vol. im Vergleich zum Glas davor ist zu spüren. Der Rum zeigt sich konzentrierter in der Nase als der TST, kommt tiefer daher. Ansonsten aber gewohnt reichhaltig und komplex. Tolle Nase, bis auf den fehlenden Honig. 

Gaumen: auch beim Cadenhead Green Label zeigt sich zu Beginn erst einmal die Verdünnung. Nicht so brutal wie das beim TST der Fall war, aber merklich. Immerhin kommt allerdings keine Verwechslungsgefahr mit Long Pond mehr auf, das ist schon deutlich Rockley. Interessant: neben den Rockley-typischen Eindrücken von Vanille, Rauch und Medizin habe ich hier auch grünen Apfel. Durch die vollkommene Abwesenheit von Honig will richtiges Rockley-Feeling allerdings nicht so richtig aufkommen. Schade. Dazu hat der Rum auch schon gut gelagerte Noten, die seinen Charakter so ein wenig zügeln. 

Abgang: frisch geschnittenes Geäst. Medizin. Vanille. Lang anhaltend.

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Fazit: kein schlechter Rum, aber auch keiner, der für Rockley besonders typisch ist oder der mein Favorit werden könnte. Für den damaligen Ausgabepreis sicher ein Knaller aber nichts, wofür ich heute noch Sammlerpreise zahlen würde.

-87/100-


Bristol Barbados Rum 22 YO Rockley 1986 - Ex-Madeira - 46% vol.

Info: nun endlich steigt auch Bristol Spirits mit in dieses Tasting ein! Kaum ein Independent Bottler hat eine stärkere Bandbreite an Rums des 1986er W.I.R.D. Batches aka Rockley abgefüllt als der Engländer John Barrett und sein IB-Label Bristol Spirits. Zwischen 1998 und 2012 waren es über einen Zeitraum von vierzehn Jahren insgesamt fünf Abfüllungen zwischen zwölf und sechsundzwanzig Jahren Fassreife. Dieses Bottling war das vierte und vorletzte der Serie und wurde 2008 und mit einem Madeira Finish abgefüllt. Wie alle Rockleys von Bristol so kam auch dieses mit verdünnten 46% vol. daher. Allerdings hat meines Erachtens kein anderer IB die Rums mit 46% vol. in einer solchen Qualität liefern können, wie es Bristol über mehr als ein Jahrzehnt gelungen ist.

Nase:
 ist das noch ein Rockley? Ja, aber man muss suchen. Das Madeira Finish beeinflusst den Rum doch schon merklich und verformt damit auch den Rockley-Charakter ein ganzes Stück weit. Viel Honig, medizinische Anklänge, Vanille und Rauch schaffen es durch den Madeira hindurch. Der Rum ist trocken, aber schon auch noch fruchtig und mit einer gewissen dezenten Süße. Vor allem aber ist er komplex, wie noch keiner der bisherigen Rockley. Eine tolle Nase! Tief und ausdrucksstark, mit etwas sehr, sehr eigenem. Der Rum hat Power, erschlägt einen aber nicht. Hier macht sich der Alkoholgehalt von 46% vol. sehr gut. Deutlich Rockley-typisches und Madeira-Einflüsse wechseln sich immer wieder ab. Sehr gelungen!

Gaumen: am Gaumen stören die nur 46% vol. sehr viel weniger als beim Cadenhead Green Label. Hier passt das sehr gut! Der Rum ist sehr komplex, das Mundgefühl toll und der Madeira und der Rockley gehen eine tolle Verbindung ein. Ich habe sehr viel Honig, aber auch einen prall gefüllten Schrank an Gewürzen, frisch geschnittenes Geäst und trockenes Holz.

Abgang: trockenes Holz, frisch geschnittenes Geäst und Honig sind auf dem Weg nach unten dabei.  Ganz zum Schluss ein klasse medizinischer Einschlag nochmal. Lang anhaltend.

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Fazit: ein toller Rum, der zwar Rockley schon sehr weit an die Seite drängt, der als ganzes gesehen aber wirklich super funktioniert. Auch hier kann ich den damaligen Ausgabepreis nur mit einem Seufzen betrachten. Er war jeden Cent seiner einst ca. 100,- Euro wert!

-88/100-


Bristol Barbados Rum 25 YO Rockley 1986 Ex-Sherry - 46% vol.

Info: und direkt nochmal Bristol Spirits! Dieses Mal allerdings mit der fünften und letzten Rockley Abfüllung seiner Geschichte und diese wurde mit einem Sherryfinish dargeboten. Gleichzeitig war dieses Bottling in meiner Wahrnehmung allerdings auch eine Manifestation der Zeitenwende. Ein letztes Mal noch boten uns Bristol eine High End Abfüllung, die aber gleichzeitig schon nur ein oder zwei Jahre später nicht einmal mehr als eine solche wahrgenommen worden wäre, weil sich in der Folgejahren 2013/2014 eben Fassstärken im High End Bereich endgültig durchsetzten. Nicht zuletzt aus diesem Grund gibt es die Abfüllung, als eine der ganz wenigen aus dieser Zeit, auch noch immer einigermaßen preiswert zu kaufen. In den Jahren nach 2012 und nach Release dieses Bottlings wurde Bristol aus meiner Sicht nie wieder in einer derart exponierten Stellung auf dem Markt gesehen und auch Cadenhead, die ihren Peak praktisch im gleichen Zeitraum hatten wie Bristol, verschwanden quasi in der Bedeutungslosigkeit. An deren Stelle traten Abfüller wie Velier, Duncan Taylor und The Rum Cask, später auch RA. 

Nase:
 der nächste Rockley mit Finish und hier ist es noch ausgeprägter als beim 22 YO mit Madeira Finish! Um nicht zu sagen: der Sherry liegt schon sehr über allem! Ist das überhaupt noch ein Finish oder geht das schon eher in die Richtung einer Dosage? Vielleicht hätte man das Fass erst einmal leeren sollen, bevor man den Rum hinein gibt. ;-) Und wenn ich das ganze hier mit einer guten Portion Humor verpacke, dann darf das aber dennoch nicht darüber hinweg täuschen, dass hier der Rockley-Charakter wirklich mindestens bis ans Existenzminimum gedrängt wird, wenn nicht gar darunter. Versteht mich nicht falsch, vor mir steht eine großartige Spirituose, ich find das Endergebnis, unabhängig davon was der Rum einst war, bevor er in dieses Fass fiel, gelungen, aber als Rockley geht der einfach nicht mehr durch. 

Gaumen: wie beim Madeira tolles Mundgefühl, der Rum ist auch bei 46% vol. nicht verwässert. Der Rum steht auf der trockenen Seite. Der Sherry hat es sich auch am Gaumen gemütlich gemacht, dominiert hier nach belieben. Ich weiß gar nicht, ob ich je ein dominanteres Finish erlebt habe. Ich habe das oben ja mit einem zwinkernden Auge gemutmaßt, aber der Rum schmeckt tatsächlich, als habe man ihn mit dem Sherry verschnitten, nicht, als habe es nur ein Finsih gegeben. Das Problem: der Rum schmeckt! Nicht nach Rockley, aber er schmeckt. Das ursprüngliche Destillat kommt nur ganz vereinzelt mal durch und schnappt mit Honig und leichtem medizinischen Touch kurz nach Luft. Dazu kommt Eichenholz durch. Es ist zwar bedauerlich, dass man eines der letzten Rockley Bottlings überhaupt so gekillt hat, aber zumindest ist das Endergebnis genießbar, wenn man nicht gerade einen Rockley erwartet. 

Abgang: Honig, so viel Rockley wie zuvor nicht, Sherry dazu und eine schöne Holznote.

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Fazit: das wäre ein Rockley für Otto Rehhagel, der Fußballspiele, -Meisterschaften und -Turniere zwar mit etwas gewonnen hat was nicht mehr wie Fußball aussah, der sich danach aber hingestellt und Sätze rausgehauen hat wie "Wer gewinnt hat recht!". Ein Rum den man sich nicht wünscht, wenn man sich dazu entschlossen hat einen Rockley zu kaufen, der unter'm Strich aber abliefert, so dass sich am Ende trotzdem kaum jemand beschweren kann.

-87/100-


Duncan Taylor Barbados Rum 25 YO W.I.R.D. 1986 - 52,7% vol.

Info: Duncan Taylor ist, wie so viele andere, einer dieser Whiskyabfüller die ab 2012 auch auf die Idee kamen das mal mit Rum zu versuchen - und wie! Mit ihrer ersten Serie starteten die Jungs aus Schottland damals wie die Feuerwehr und brachten ein wahres Powerhouse an Abfüllungen auf den Markt: Hampden 1990, Uitvlugt 1989, Versailles 1985, Mount Gay 2000 und eben W.I.R.D. 1986 kamen Ende 2012/ Anfang 2013 zeitgleich auf den Markt, wiesen -damals revolutionär- alle um die 55% vol. auf und läuteten, neben anderen, eine neue Ära der unabhängigen Abfüllungen ein. Die damaligen Platzhirsche, wie Bristol und Cadenhead, hatten dem qualitativ nichts mehr entgegenzusetzen. Leider konnten Duncan Taylor das Niveau der ersten Serie nie wieder erreichen, weswegen sie heute ebenfalls schon fast wieder etwas in Vergessenheit geraten sind. Mindestens aber der Rockley hat über viele Jahre die absolute Benchmark dargestellt, bevor er zunächst 2020 von Silver Seal angegriffen und 2021 schließlich von RA geschlagen wurde!

Nase:
 der (inzwischen abgesetzte) König! Ein Rum, ein Rockley, zu dem man inzwischen kaum noch etwas sagen muss. Denn hier habe ich dann nämlich wieder alles, was Rockley ausmacht, aber in Vollendung: da ist ganz viel Honig, ordentlich Rauch, leichte Ester, starke Vanille und Bienenwachs, dazu medizinische Noten, eine angenehme Fruchtigkeit, ein schon sehr geiler Holzeinfluss und eine geniale Tiefe und Komplexität - oder kurz: milde Power. Den leicht erhöhten Alkoholgehalt bemerke ich positiv, der bringt, gerade im Direktvergleich zu vielen der Vorgängern im Tasting, Dynamik in den Rum. Hier gibt es einfach nichts zu meckern (bzw. gab, bis 2020/2021 zwei weitere Nachfolger gebottled wurden)! 

Gaumen: herausragend gute Einbindung des Alkohols, ich habe ganz leichtes Britzeln auf der Zunge, wenn auch wenig Adstringenz, ein ansonsten komplett angenehmes Mundgefühl, dazu die Rockley-typischen Assoziationen: viel Honig, etwas Bienenwachs und ordentlich Vanille, einen (gefühlt) ganzen Gewürzladen, starke Anistöne und einen fruchtigen Touch von Banane.  Das ganze dann cremiger werdend und insgesamt einfach sehr mundfüllend. Große Klasse! 

Abgang: Anis, frisch geschnittenes Geäst, Honig, Rauch, Bananen... sehr langanhaltend!

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Fazit: das war, im Tasting damals noch, der absolute King of Rockley-Style! Bis dahin sprach ich gar von nicht weniger als einem der besten Rums, die ich überhaupt kenne. Aber, ihr wisst es, da ist letztes Jahr etwas passiert, was ich mir zum Zeitpunkt des Tastings nicht einmal habe Träumen lassen. Ich sage nur RA und Silver Seal. 

-93/100-



Gesamt-Fazit:

Das waren nun also acht historische Rockley-Referenzen - einer stark herunter verdünnt, einige in Trinkstärke, zwei in erhöhter Trinkstärke und sogar auch einer in (bei Rockley extrem seltener) Fassstärke; mit Finish, ohne Finish als auch mit vermutetem Finish. Und obwohl ich nicht unbedingt mit jeder Abfüllung wirklich warm wurde, Stichwort Samaroli, Stichwort The Secret Treasures, so komme ich nicht umhin festzustellen, dass da schon durch die Bank weg eine enorm hohe Dichte an Qualität und vor allem eine sehr starke und solide Grundqualität des gesamten Batches vorhanden war. Und wo diese Rockleys aber schon sehr gut waren, sehe ich zu Abfüllungen wie dem Duncan Taylor, dem Cadenhead BRS 16 YO, dem Silver Seal und vor allem dem RA eben nochmal eine klare Steigerung. Darin lag und liegt der Hype um dieses Bottling, den einige ja nicht verstanden hatten. Nach dieser Gegenüberstellung wird das aber vielleicht klarer, und auch, warum ich auf den RA so abgegangen bin. 

Von den heute noch einmal gezeigten Abfüllungen war der Duncan Taylor natürlich der eindeutige Gewinner und das auch haushoch und in allen Lagen. Darüber müssen wir nicht einmal im Ansatz diskutieren! Ganze fünf Punkte Abstand sind es zum Bristol mit Madeira Finish, den ich von diesen acht Rockleys auf dem zweiten Platz sehe. Fünf Punkte, das könnte man nun meinen, klingen auf den ersten Blick zwar zunächst nach nicht viel. Aber bedenkt man, dass wir hier im Endeffekt wirklich um den absoluten High End Bereich sprechen, dann wird einem doch vermutlich so ein wenig klar, was das eigentlich bedeutet und dass das schon eine enorme Kluft darstellt. Sicherlich, hätten wir den Cadenhead BRS 16 z.B. noch unmittelbar daneben gehabt und wäre er Teil des Vergleichs gewesen, er hätte sich z.B. noch dazwischen eingeordnet, irgendwo bei 92/91 Punkten, genauso wie der Green Label 15, den ich irgendwo bei 89/90 Punkten sehe. Allerdings schmälert auch das nicht das absolute Ausnahme-Standing der High End Rockleys! 

Als spannend empfand ich bei diesem Vergleich aber auch den Umstand, dass ich glaube, dass man insbesondere bei den beiden Bristol zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen kommen kann - je nachdem ob man sie danach einschätzt, dass man einen Rockley erwartet hat oder ob man sie unabhängig davon bewertet. Beziehe ich ersteres mit ein, landen beide Bristol bei mir ziemlich weit hinten, nämlich sowohl in der Nase als auch am Gaumen auf den hinteren drei Rängen. Bewerte ich hingegen das reine Endergebnis und gehe danach inwieweit mir der Rum insgesamt noch zusagt, obwohl der Grundcharakter des Destillats so weit verschoben wurde, landen beide bei mir in der oberen Hälfte des Vergleichsfeldes. In der Endbewertung entschied ich mich für letztere Sichtweise. Überrascht hat mich auch der Velier, der trotz des noch wirklich sehr jungen Alters schon verdammt gut mitspielt und in Fassstärke oder auch schon nur erhöhter Trinkstärke, ganz sicher über die 90 Punkte gekommen wäre. Enttäuscht allerdings war ich vom Cadenhead WIRR 12YO. Da hatte ich definitiv mehr erwartet und obwohl mir Fassstärke-Bretter sonst sehr zusagen war mir das bei dem einfach too much. Was beim Samaroli schief lief weiß ich nicht genau, ich hoffe, dass da nichts verunreinigt war oder so. Ansonsten vermute ich wirklich ein Islay Finish, auch wenn da sicher kein sehr aktives Fass genommen wurde, dafür war dieser Ton wiederum zu schwach. Schade irgendwie, ohne diesen Ton, der für mich ein Fehlton ist, wäre das mein Rum gewesen! Und gleiches gilt dann im Endeffekt auch für den The Secret Treasures, den ich nur zu gerne mal in einer unverdünnten Variante probiert hätte. Aber was nicht abgefüllt wurde, wurde eben nicht abgefüllt und so müssen wir uns mit dem begnügen was uns gegeben wurde. 



Bonus: 

Vor etwas über einem Jahr ungefähr habe ich auch den "The Sloth III" im Glas gehabt und ihn gegen den Cadenhead Barbados Green Label 18 YO, den Samaroli Barbados 20 YO W.I.R.D. 1986 und den Duncan Taylor 1986 getestet. Bis zum Erscheinen des Silver Seals in 2020 war dies der einzige mir bekannte 1986er Rockley, der nach 2012 noch abgefüllt wurde. Er kam mit 31 Jahren Fassreife und einem Alkoholgehalt von starken 67,2% vol. in die Flasche und wurde auf 152 Flaschen limitiert exklusiv in Japan zum zehnten Jubiläum von "Rum & Whisky" in Kyoto angeboten. 

Ich war auf kaum einen Rum so sehr gespannt ihn zu probieren wie auf diesen, schließlich ging ich damals davon aus, dass wir nie wieder 1986er Rockleys sehen würden, allerdings schlug meine Vorfreude beim Probieren dann schlagartig in Ernüchterung um. Ich musste nämlich feststellen, dass der Rum nicht nur nicht gut schmeckte, sondern vor allem nicht einmal mehr als Rockley Style Rum zu erkennen war. Das ganze war nur noch eine einzige, holzige, nichtssagende Brühe. Ich hielt das für das Ergebnis einer viel zu langen Fassreifung dieses Batches und wähnte den Jahrgang 1986 daher schon komplett verloren. Auch deshalb waren der Silver Seal und der RA entsprechend dazu in der Lage mich so sehr zu hypen, denn sie waren nicht nur von großartiger Qualität, sondern sie bewiesen vor allem, dass nur mit dieser Sloth III-Abfülllung irgendwas nicht gestimmt haben kann. Rockley war schließlich also doch zurück und das ist für mich auch das größte Comeback im Rumbereich, bis zu dem Tag, an dem ein neuer Skeldon 1978 oder Uitvlugt 1988 in der Tür stehen. 

Bis demnächst
Flo