Sonntag, 29. April 2018

Velier Heavy Trinidad Rum 17 YO Caroni 1996 - 55% vol.

Liebe Rum Gemeinde,

here we go again! Nachdem der Hampden DOK unsere kleine Rumwelt ja ganz schön aufgemischt hat, geht es hier auf Barrel Aged Thoughts heute wieder um eine Abfüllung der geschlossenen Destillerie Caroni von der Insel Trinidad. Dargereicht wird sie einmal mehr vom renommierten italienischen Abfüller Velier, der diesen Rum schon im Jahr 2013 als das insgesamt 31st Release seiner Caroni-Linie auf die Flasche gebracht hat.

Frontlabel 
Velier, das ist, denke ich, hier auf dem Blog schon häufiger deutlich geworden, und wer die Szene auch darüber hinaus verfolgt der weiß das sowieso, hat sich bei Rums von Caroni einen Sonderstatus erarbeitet. Keinem anderen unabhängigen Abfüller wird so blind vertraut wie Velier. Und mit keinem anderen unabhängigen Abfüller assoziiert man die Destillerie so sehr wie mit jenem aus dem italienischen Genua. Ein nüchterner Blick auf die reinen Zahlen zeigt auch sehr deutlich, weshalb das so ist: insgesamt 37 Releases, sowie weitere Serien oder Single Cask Abfüllungen wurden von Velier bisher aus Caroni abgefüllt. Nur Bristol Spirits Limited hat eine vergleichbare Menge Fässer nach der Schließung der Destillerie erstanden. Allerdings lagerte weder Bristol noch einer der anderen Abfüller sie anschließend weiter in tropischem Klima. Das ist das Alleinstellungsmerkmal von Velier!
Diese Fakten allein machen noch nicht jeden Velier Caroni zu einer sehr guten Abfüllung, aber sie zeigen die Besonderheiten meines Erachtens sehr schön auf. Dass daraus dann ein derartiger Hype entstehen konnte, da darf man sich wohl genauso wenig vormachen, liegt freilich allerdings auch am hervorragenden Marketing in den letzten Jahren und der entsprechenden Positionierung in der Rum-Szene, auch und gerade über die Sozialen Netzwerke. Dementsprechend muss man anerkennen, dass Luca Gargano sowohl an Caroni und seinen einzigartigen Rum geglaubt hat als er große Teile des letzten Fassbestands aufkaufte, als auch, dass er dies tat, als die Rums von dort und auch Fassstärken im Allgemeinen noch nahezu niemand sonst auf der Welt auf dem Schirm hatte und letztlich auch, dass es ihm im Laufe der Jahre gelungen ist, die Marke Caroni entsprechend am Markt zu platzieren. Dafür gebührt ihm allerhöchster Respekt!

Backlabel
Nun aber endlich zum heute verkosteten Rum! Das 31st Release wurde im Jahr 1996 destilliert, auf Trinidad zwölf Jahre in Fässern eingelagert, 2008 nach Guyana verschifft und reifte dort bis 2013 noch einmal fünf Jahre nach. Insgesamt gingen während dieses Prozesses über 80% des Destillats verloren, bzw. an die Engel. Abgefüllt wurden letztlich 3910 Flaschen mit 55% vol., das heißt, dass eine Verdünnung um ca. 8% vol. stattgefunden hat, denn die Full Proof Variante dieser Abfüllung kommt mit 63% vol. daher. Was der High Proof kann, das schauen wir uns nun an.



Verkostung des Velier High Proof 17 YO Caroni 1996:

Preis: die Abfüllung liegt derzeit bei ca. 300-500 Euro. Der ursprüngliche Ausgabepreis lag mit ca. 80 Euro natürlich deutlich darunter. 

Alter: der Rum reifte von 1996 bis 2013 und ist damit 17 Jahre alt.

Lagerung: der Rum ist während der gesamten 17 Jahre tropisch gereift. Von 1996 - 2013 lagerte er auf Trinidad.

Fassnummern: wieviele Fässer in diese 3910 Flaschen starke Abfüllung aufgingen und welche Fassnummern sie hatten ist leider unbekannt.

Angel's Share: >80% gingen an die Engel.

Alkoholstärke: High Proof - 55% vol. 

Destillationsverfahren: unklar. Sowohl Pot- als auch Columnstill scheinen derzeit theoretisch in Frage zu kommen. Die Tendenz geht in die Richtung einer Columnstill. 

Mark: HTR (Heavy Trinidad Rum)

Farbe: dunkler Bernstein, Mahagoni. 

Viskosität: satte, vereinzelte und unregelmäßige Schlieren laufen träge am Glas herunter.

Nase: typische Caroni-Nase, nachdem der Rum ca. 30-45 Minuten atmen durfte. Alkoholische Schärfe nehme ich zu Beginn etwas stärker, im Verlauf aber deutlich leichter wahr. Sehr intensive, aber zunächst auch konzentrierte Nase. Die Verdünnung um ca. 8% vol. ist ihm zunächst, meines Erachtens, nicht anzumerken, lediglich nach hinten heraus fehlt ihm vielleicht ein wenig die Tiefe. Vieles geht über das periphere Nosing. Man muss sich die Nase ein wenig erarbeiten, da der Rum sich schwer damit tut sich zu öffnen. Im Vordergrund spielen sehr deutlich die Caroni-Schrottplatz Assoziationen, erst dahinter habe ich auch Melasse, Trockenfrüchte und etwas Menthol, wie ich es vor allem von 2000er Caronis kenne. Darüber hinaus bietet der Rum allerdings erstaunlich wenig in der Nase. Sie ist deshalb nicht schlecht, ganz im Gegenteil, aber eben mangels Vielschichtigkeit meines Erachtens nicht überragend.

Gaumen: Man merkt dem Rum die Verdünnung zu Beginn an, denn alkoholische Schärfe geht nahezu gar keine durch die Mundhöhle. Danach allerdings bietet er viel, viel von dem Caroni-Flavour was wir alle so kennen und lieben und er bietet auch diese für 1996er Caroni so spezielle Note, für die ich noch immer keine Beschreibung gefunden habe. Sehr schön! Hier zeigt der Rum seine Stärke, die er in der Nase noch etwas vermissen ließ und spielt auf. Nussige Noten kombinieren sich mit dem Schrottplatz zu etwas sehr, sehr leckerem. Hinten raus habe ich dann tatsächlich Assoziationen zu DomRep Rum, ganz leicht nur, aber merklich. Das kenne ich von Caroni so nicht. Am Gaumen zeigt sich der Rum bis dahin aber klar am stärksten.

Abgang: hier bleibt der Rum leider etwas blass, denn es bleibt vor allem der an DomRep Rum erinnernde Eindruck am Gaumen verhaften, der mit den Caroni-Aromen kombiniert ist. Insgesamt sicher nicht schlecht, aber der Abgang ist leider der schwächste Part des Rums.

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Fazit: ein Caroni, wie gemacht für einen Caroni-Einsteiger! Der Rum wird zu keinem Zeitpunkt richtig fordernd, zeigt dem Connaisseur aber dennoch, vor allem am Gaumen, sehr deutlich was Caroni grundsätzlich kann. Die Verdünnung um ca. 8% vol. erleichtern den Zugang darüber hinaus merklich. Anders als der 21er Caroni aus der Extra Strong Serie, den ich ebenfalls für Einsteiger-tauglich erachtete, ist dieser Rum hier aber meines Erachtens eher weniger parallel auch für Caroni Nerds geeignet, denn dafür ist er in meinen Augen tatsächlich zu anspruchslos. Das soll keinesfalls bedeuten, dass ich den Rum für schlecht erachte, da möge man mich bitte auf gar keinen Fall falsch verstehen. aber verglichen mit anderen Qualitäten von Velier ist mir das für die heute aufgerufenen Preise, bei dieser Abfüllung sind es ca. 200-400 Euro für eine ungeöffnete Flasche, doch etwas zu wenig, insbesondere in der Nase und vor allem später im Finish.

Mir ist selbstverständlich bewusst, dass der ursprüngliche Ausgabepreis deutlich darunter gelegen hat und wären wir noch bei diesen Preisen, so sähe mein Fazit in Bezug auf das Verhältnis zwischen Preis und Leistung auch deutlich anders aus! Doch das Review entstammt dem Jahr 2018 und richtet sich daher natürlich auch an all jene die noch überlegen zu den heutigen Preisen eine Abfüllung zu erwerben oder eine bereits erworbene Abfüllung zu öffnen. Und an jene gerichtet kann ich zwar nicht pauschal vom Rum abraten, dafür ist er eindeutig zu gut, wohl aber rate ich dazu, sich selbst dahingehend zu hinterfragen, wo man bei Caroni steht und worin genau die eigenen Vorlieben bei dieser Destillerie bestehen. Nicht mehr und nicht weniger. Denn wer es extremer mag, der könnte bei dieser Abfüllung durchaus enttäuscht werden. Der Rum ist "nur" gut und meines Erachtens keinesfalls überragend. Daran ändern auch weder die Tatsache, dass er von Velier stammt, noch dass er tropisch gereift wurde nichts. Ob die Full Proof Variante dieses Rums, das 30th Release, mehr kann, das kann ich an dieser Stelle leider noch nicht sagen, da ich bisher keine Chance hatte diesen Rum zu probieren. Sobald ich das aber getan habe werde ich hier berichten und umgehend vergleichend zum 31st Release Bezug nehmen.

-87/100-


Bis dahin, bzw. bis demnächst,
Flo

Sonntag, 22. April 2018

Mai Tai mit Hampden "DOK" 2009

Liebe Rum Gemeinde,

das Wochenende bot Sonne satt und so konnte ich nicht anders, als unseren neuen Hampden DOK im Mai Tai auszuprobieren!



Mai Tai mit Letter of Marque 8 YO Hampden "DOK" 2009:

Ein milchig, leicht grünlich von der Limette her schimmernder Mai Tai steht vor mir. Der DOK ist sehr hell und bringt daher nahezu keine Farbe in den Drink. 

Geschmacklich holt er das dann nach! Ein bunter Drink! Der DOK bringt seine Power, seine Jugendlichkeit, aber auch seine Fasseinflüsse mit in den Mai Tai und passt hier wie angegossen. Trotz seiner enormen Stärke von 66,4% vol. dominiert der Rum zwar den Drink, unterdrückt dabei aber die anderen Zutaten nicht. Und er ist auch nicht zu heftig, um ihn nur mit schon etwas Schmelzwassser  genießen zu können. Eine ungemein runde und stimmige, fruchtig-herbe Komposition! Sehr geil!

Fazit: der DOK ist, wenig überraschend, wie dafür gemacht um ihn in einem hochwertigen Mai Tai zu vermixen! Wer bisher noch nach einer passenden Anregung für einen Mai Tai in diesem Sommer gesucht hat, der könnte hier fündig werden und voll auf seine Kosten kommen. Ich werde in den nächsten Tagen allerdings auch noch versuchen, den DOK im Mai Tai mit einem noch etwas länger gelagerten Jamaicaner zu kombinieren. Mal sehen, was da noch geht! :-)

Gemixt habe ich den Mai Tai wie folgt:
  • 6,0 cl DOK
  • 1,5 cl Ferrand Dry Curacao 
  • 1,0 cl Meneau Orgeat
  • 0,5 cl Zucker
  • 4,0 cl Limettensaft (frisch gepresst!)

Bis demnächst,
Flo

Freitag, 20. April 2018

Letter of Marque Jamaica Rum "DOK" Hampden 2009

Liebe Rum Gemeinde,

die Gerüchteküche in den letzten Tagen lief ja auf Hochtouren und so möchte ich euch jetzt, hier und heute auch gar nicht mehr noch länger auf die Folter spannen: ja, wir haben einen Hampden mit dem Mark DOK abgefüllt. Dieses verwendet Hampden für Rum mit einem Estergehalt von zwischen 1500-1600 gr/hlpa. Das entspricht dem Maximum dessen, was die jamaikanische Gesetzgebung an Esterkonzentration in einem Rum erlaubt.

Frontlabel 


Wir? Das sind in diesem Fall die Jungs von RUMBOOM, Single Cask Rum und Barrel Aged Thoughts in enger und vertrauensvoller Zusammenarbeit mit den Jungs von The Rum Cask aus Pirmasens.

Doch ganz der Reihe nach. Und: wie um alles in der Welt kommt ihr an einen Hampden DOK?! 

Fasssample DOK
Das ganze begann schon vor fast einem Jahr, als Thomas, Marius und ich zusammen die Schnappsidee ;-) hatten, einfach mal beim Broker E. & A. Scheer in den Niederlanden nachzufragen, was die so haben um sich evtl. Fassproben zu besorgen. Vielleicht wäre ja etwas spannendes dabei. Zu diesem Zeitpunkt dachten wir aber noch eher weniger daran, am Ende tatsächlich auch einen der Rums zu besorgen und abzufüllen und wir hatten auch nichts konkretes im Auge. Das änderte sich erst, als kurz darauf tatsächlich Angebote von der zu Scheer gehörenden Main Rum Company ins Haus flatterten. Da waren zwar ein, zwei Rums dabei die uns interessierten, aber nichts, was uns wirklich vom Hocker gehauen hätte. Also stellten wir bei Main Rum ein Gesuch mit interessanten Rums, die uns vorschwebten. Der DOK war hier ursprünglich aber noch gar nicht dabei. Ich setzte ihn, eher aus einem Reflex heraus, erst kurz vor Abschicken der Mail noch mit auf die Liste. Ein DOK hat mich als Hampden-Fan schließlich schon immer interessiert! 
Ironie des Schicksals war dann, dass Main von unserer Liste nur zwei Rums auf Lager hatte und einer davon war eben jener DOK. Also bestellten wir kurzerhand Fassproben um uns ein Bild zu machen.  Jetzt reifte auch so langsam die Idee heran, dass man ja tatsächlich, sollte uns der Rum gefallen, eine Blogabfüllung machen könnte. Das Ergebnis nach Verkostung der Proben war eindeutig: we absolutely need this Sh*t! Wir wollten dieses Fass als eine Blogabfüllung abfüllen! 
Nun begann der schwierige Teil der Operation. Wir konnten das Fass nicht einfach kaufen, da man dazu eine Warehouse-Lizenz und einen Gewerbeschein benötigt. Und mindestens die Warehouse-Lizenz wäre schwierig geworden. An dieser Stelle kamen dann The Rum Cask ins Spiel, zu denen ich bereits seit Jahren guten Kontakt pflege und die, als wir sie mit unserer Idee konfrontierten, auch sofort begeistert waren. So waren TRC bereit, unser Fass zu kaufen, zu importieren und abzufüllen, ließen uns aber bei der Gestaltung des Labels alle Freiheiten, so dass der Rum dann am Ende eben doch vor allem eine Blogabfüllung ist! Lieber Jens, liebes TRC-Team: auch an dieser Stelle kann ich mich nur noch einmal bei euch für alles bedanken! Für eure Mühe, euer Engagement, euren immer wieder auch geteilten Enthusiasmus und vor allem auch für eure Geduld mit uns! Ihr seid Spitze!

Sidelabel
Liebe Leser, was an dieser Stelle vielleicht nicht ganz deutlich wurde: all das hat unfassbar viel Zeit in Anspruch genommen! Es vergingen Monate, bis das Fass gekauft war, bis es dann verschickt war, bis es hier ankam, bis das finale Label stand, etc.pp.! Auf diese Weise bekamen wir also auch unglaublich wertvolle Einblicke in die Welt eines Unabhängigen Abfüllers und darüber, wie viel Arbeit hinter all dem steckt und wie viel Geduld es teilweise braucht! Nicht zuletzt wurde aber auch unser Horizont dahingehend erweitert, welche Kosten im Verlauf dieses gesamten Prozesses entstehen und, das hat mich persönlich sehr traurig gestimmt, wie wenig davon letzten Endes tatsächlich auch nur bei der Destillerie selbst ankommen kann. Das ist leider wirklich nicht viel und es muss jedem Genießer sonnenklar sein, dass wenn die Destillerien das Geld auch bekämen, was sie für ihren guten Rum meines Erachtens verdienen würden, unser Rum kaum mehr bezahlbar wäre! Nein, auch ich spucke meinen Rum deshalb jetzt nicht wieder aus, aber sich dessen Bewusst zu sein, halte ich für wichtig und richtig.
Doch nun zum Rum selbst und auch noch einmal für alle, die sich bis hier her vielleicht gefragt haben, was genau ein DOK eigentlich genau ist: DOK ist, wie eingangs erwähnt, das Mark, das Hampden für seinen Rum verwendet wenn er einen Estergehalt von zwischen 1500-1600 gr/hlpa aufweist. Und das wiederum entspricht tatsächlich dem Maximalen dessen, was die jamaikanischen Gesetze erlauben. Der Name des Marks geht auf Dermot Owen Kelly-Lawson zurück, einem Destillateur von Hampden in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Seine Initialien bilden das Mark. Unser DOK hat 8 Jahre Reife im Hogshead-Fass hinter sich und wurde im Juni 2009 destilliert, also unmittelbar nach Wiedereröffnung der Destillerie durch die Hussey Brothers. Anschließend reifte er, laut Main Rum Company, die gesamte weitere Zeit über in deren Warehouses in Großbritannien. Während dieser Zeit der Reifung im Fass #18 verlor unser DOK >12% seiner selbst an die Engel im Himmel, so dass am Ende noch 300 Flaschen mit einem Alkoholgehalt von 66,4% vol. auf die Flasche gezogen werden konnten. Damit ist unser DOK wohl einer der ersten seiner Art überhaupt, den man fassgereift und in voller Fassstärke auf dem Markt kaufen kann! Und ich denke, darauf haben nicht nur wir uns schon lange gefreut, liebe Connaisseure da draußen, sondern auch große Teile von euch und so freuen wir uns ungemein, dass wir ihn euch jetzt offerieren können: es war und es ist uns eine große Ehre!

Rudeltiere. 




Verkostung des Letter of Marque Hampden DOK 2009:


Preis: eine Flasche 0,5 Liter wird im Shop bei The Rum Cask ab Montag, den 23.04.18 für 52,90 Euro zu beziehen sein. 

Alter: der Rum reifte von Juni 2009 an bis März 2018 im Fass. Somit ist er 8 Jahre alt.

Lagerung: laut Angaben der Main Rum Company lag der Rum die gesamte Zeit der Reife über in Europa. Das verwendete Fass war ein Hogshead-Fass mit ca. 250 Litern Inhalt, also ein schon recht großes Fass.

Fassnummer: #18  

Angel's Share: >12% gingen an die Engel. 

Alkoholstärke: der Rum kommt mit stolzen 66,4% vol. daher. Fassstärke!

Destillationsverfahren: eine Double Retort Pot Still brannte den Rum in Hampden. 

Mark: DOK

Farbe: sehr blasses Stroh

Viskosität: dünne, enge, gleichmäßige Schlieren laufen an der Glaswand herab.

DOK im Glas
Nase: Uhhhh!! Eine Ester-Granate! Zunächst etwas stechend, steht der Rum aber schon nach einigen Minuten sehr auf der smoothen Seite. Alkoholische Schärfe ist, trotz des vergleichbar jungen Alters und des doch sehr hohen Alkoholgehalts, nahezu nicht vorhanden. Die Nase ist überaus voll und reichhaltig und das Bouquet aus flüssigem Klebstoff und Marzipan, die sich mit gegrillter Ananas, gebackener Banane, nasser Erde und Zitrone verbinden, macht Spaß! Ganz hinten habe ich auch noch geräucherten Schinken. Geil! Der Brennerei-Charakter kommt natürlich voll zum Zuge. Das hier ist Hampden DNA! Nichts desto trotz hat der Rum auch schon nach 8 Jahren gut was vom Fass mitbekommen, was angesichts des verwendeten Hogshead-Fasses schon ein Stück weit überrascht. Darüber hinaus ist, anders als bei einigen anderen Hampden, wie z.B. beim Jahrgang 1990, die Säure weniger präsent und sehr viel eleganter in den Rum eingebunden. Das heißt allerdings nicht, dass der DOK in irgendeiner Weise an Power einbüßt! Im Gegenteil, die Ester fliegen einem nur so um die Ohren!

Gaumen: Tuuut tuuut.... Zack! Und schon vom Zug erfasst! Ja, zunächst einmal gibt es die geballte Esterpower mitten ins Gesicht! DOK? DOK! Vollkommen Irre! Cremig, vollmundig, wirklich zu 110% mundfüllend und mit einem schweren, jamaicanischen Körper kommt der Rum um die Ecke und zieht dann den gesamten Mundraum zusammen. Unfassbare Adstringens! Alkoholische Schärfe ist zu Beginn kurz aber deutlich präsent, weicht dann aber der großen Hampden-Show. Tatsächlich erlebe ich den Rum in der Folge dann auch absolut stiltypisch. Ester fluten den gesamten Mundraum, sie kommen daher mit gegrillter Ananas, Toffee, Leder, weiteren exotischen Früchten und etwas erdig-muffigem. Dazu hat der Rum, auch das kennt man von Hampden bereits, deutlich mediterrane Anklänge! Darüber, dass hier gerade ein noch eher junger Rum im Glas eskaliert, der noch keine 10 Jahre oder mehr im Fass gelegen hat, besteht zu keinem Zeitpunkt irgendein Zweifel, aber ich könnte wiederum nicht behaupten, dass mir hier etwas an Reife fehlen würde. Überhaupt nicht. Natürlich ist dann bei älteren Hampden noch mehr Komplexität vorhanden ist und weitere Einflüsse des Fasses kommen dazu, aber dieser junge DOK ist dennoch durchweg stimmig!

Abgang: ja, es ist ein Hampden-Abgang, aber hier ist man von reiferen Vertretern der Destillerie noch etwas mehr gewohnt. Seine Jugendlichkeit zeigt sich hier sehr deutlich. Nach hinten heraus kommen dann auch noch ein paar Holznoten vom Fass dazu. Es bleiben vor allem die jung anmutenden Eindrücke des Rums, sowie der mediterrane Touch haften, der mir dafür aber gut gefällt!

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DOK in the sun!
Fazit: Für all jene, die nach dem "DOK" in der Überschrift direkt runtergescrollt haben um im Fazit zu erfahren, ob es sich lohnt: verrate ich nicht! ;-) Okay, na gut! :-) Ja, der Rum ist richtig geil! Er ist, im Vergleich zu vielen länger gereiften Hampden, z.B. aus 1990, 1993 oder 1998, nicht unbedingt ein Über-Hampden, der sie alle miteinander in den Schatten stellt. Das sollte niemand erwarten, denn das kann er mit 8 Jahren Reife gar nicht leisten. Aber der Rum ist rundherum stimmig und macht Spaß, genau so wie er ist. Es ist schon ein sehr besonderes Erlebnis, einen Hampden DOK im Glas zu haben und schon alleine dafür lohnt es sich ihn zu trinken! Ich möchte da auch gar nicht viele weitere Worte verlieren, denn ich wünsche euch allen, dass ihr euch ein eigenes Bild vom Rum macht. Was ich mir die nächsten Tage nicht verkneifen können werde ist, mir damit mal einen richtig ordentlichen Mai Tai zu machen! Ich ahne, dass er da sehr, sehr gut funktionieren wird, und Maik von RUMBOOM hat das sogar schon ausprobiert und war wohl schwer angetan. Damit, liebe Leute, steht vor euch vermutlich als auch noch einer DER Rums für diesen Sommer!

Abschließend bleibt mir nur zu sagen, dass ihr in nächster Zeit zwingend auch die Blogs der anderen Jungs im Auge behalten solltet, um noch weitere Stimmen zu bekommen! Und nicht zuletzt, könnte auch die nächste Letters of Marque Abfüllung eines Tages in den Startlöchern stehen! Um da am Ball zu bleiben und nichts zu verpassen, empfehle ich der Letters of Marque Seite auf Facebook zu folgen ;-)

www.facebook.com/LetterOfMarqueSelections/

Und das allerletzte Wort für heute geht natürlich an die fünf anderen Jungs des Teams: ihr wart grandios und es war mir eine große Freude, Teil dessen gewesen zu sein, was wir da gemeinsam auf die Beine gestellt haben! Und ich freue mich schon wie ein kleines Kind, wenn wir dann beizeiten in gemeinsamer Runde endlich auch die Flasche #1 killen dürfen! :-)

Bis demnächst,
Flo

Mittwoch, 18. April 2018

What's up, DOK?!






Liebe Rum Gemeinde,

oben abgebildetes Fasssample eines 8 jährigen Hampden DOK konnte ich bereits im Sommer des vergangenen Jahres zusammen mit den Jungs von RUMBOOM und Single Cask Rum verkosten. Zu viel möchte ich gar nicht vorweg nehmen, nur so viel: das Zeug ist der absolute Hammer!! 

Voller Stolz darf ich mitteilen, dass es uns gelungen ist, mit Hilfe des unabhängigen Abfüllers The Rum Cask dieses Fass nach Deutschland zu und unter dem Titel "Letters of Marque" zur Abfüllung zu bringen! 

Sonntag, 8. April 2018

Velier 1996 Single Cask Caroni 20 YO for Kirsch Whisky

Liebe Rum Gemeinde,

ich hoffe, ihr hattet schöne Ostertage und seid alle gesund und wohlauf! Anfang Februar kündigte ich an, dass bei mir einige Caroni in der Pipeline stehen und tatsächlich folgten dieser Ankündigung mit dem 18 YO Cadenhead aus 1998 und dem Krüger Whisky Caroni aus 1996 auch bereits die ersten zwei Reviews von dort, aber heute, nein, da kann und will ich keine künstliche Spannung aufbauen, heute geht es das erste Mal so richtig an's Eingemachte: verkostet wird die Velier Single Cask Abfüllung aus 1996 für Kirsch Whisky! 

Velier, da muss ich gerade einmal etwas weiter ausholen, begann bereits ab dem Jahr 2004 damit, eine große Menge an Caroni-Fässern zu kaufen und sie sowohl alsbald in Flaschen abzufüllen als auch in großem Stil auf Trinidad weiterreifen zu lassen. Während in den unmittelbar folgenden Jahren vor allem erst einmal Jahrgänge der 1980er Jahre und sogar eine Abfüllung aus 1974 erschienen, reiften jüngere Jahrgänge der 1990er Jahre und aus 2000 weiter im tropischen Klima. In dieser Zeit war die Nachfrage nach Caroni, egal ob von Velier oder von anderen unabhängigen Abfüllern, noch sehr überschaubar. Oder, um es noch deutlicher zu sagen: sie lagen wie Blei in den Regalen! Dementsprechend waren sie in diesen frühen Jahren auch noch erstaunlich günstig zu haben. Trotz einer teilweise über 20 jähriger tropischer Reifung kosteten sie weniger als 100 Euro pro Flasche. Heute ist das unvorstellbar! Im Jahr 2008 brachte Velier dann einige seiner Caroni-Fässer von Trinidad nach Guyana, in die Warehouses von Demerara Distillers Ltd. (DDL). Dorthin unterhielt Luca Gargano gute Kontakte, insbesondere zu Yesu Persaud, und Velier besaß darüber hinaus seit 2004 auch Anteile an DDL. Das gab ihnen die einzigartige Möglichkeit, sowohl Demerara Abfüllungen direkt aus den Stocks von DDL vor Ort auszuwählen und abzufüllen, als auch ihre Caronifässer dort mit lagern zu lassen. Caroni und DDL liegen nur ca. 500 km voneinander entfernt, weswegen die klimatischen Voraussetzungen der Reife vergleichbar blieben (wobei die Niederschlagsrate in Guyana höher ist als die auf Trinidad).

Als sich Yesu Persaud bei DDL 2013/2014 in den Ruhestand verabschiedete, bedeutete dies für Velier leider auch, keinen Zugang mehr zu den Stocks an Demerara Rums zu haben (DDL fokussierte eine eigene Linie nach dem Vorbild Veliers), die sich zu diesem Zeitpunkt in Europa einer immer größer werdenden Beliebtheit erfreuten. Velier konnte zuvor Stile wie Albion, Skeldon oder La Bonne Intention, die bis dahin einzig in den Blends der El Dorado Abfüllungen verschwanden, einer breiteren Masse an Menschen zugänglich machen. Und gerade dann, als das Interesse an diesen Rums merklich wuchs, war Velier vom Nachschub auch schon wieder abgeschnitten. Das wiederum fiel zeitlich zusammen mit einer parallel dazu in ganz Europa wachsenden Fan-Gemeinde von reinen, unbehandelten Rums in Fassstärke aus der Karibik. Somit resultierte aus dem Nachschub-Stop zum einen eine exorbitante Nachfrage nach den verbleibenden, bisher abgefüllten Demerara Rums, die noch immer vielfach in den Shops lagen, zum anderen aber auch ein nun deutlich wachsendes Interesse an den Rums aus Caroni, die bis dahin im Schatten der Demeraras standen. Velier war nun in der Position, sich einen gewissen "Nimbus" erarbeitet zu haben und so wurden die verbleibenden Rums aus Caroni ebenfalls schnell rar. Außerdem machte sich die Entwicklung auch bei neu erscheinenden Releases bemerkbar, denn sie waren in der Folge immer schneller vergriffen und stiegen auch deutlich im Preis.
Im Laufe des Jahres 2015 beschritt Velier in seiner Caroni-Linie neue Wege, indem sie Single Cask Abüllungen aus dem Jahrgang 2000 verschiedenen europäischen Partnern und Freunden widmeten. Insgesamt sechs verschiedene Fässer wurden so abgefüllt. Geehrt wurden auf diese Weise unter anderem Juul's Vin & Spiritus in Dänemark, The Nectar in Belgien, die Paul Ullrich AG in der Schweiz und natürich LMDW in Frankreich. Von jeder Abfüllung gab es nur zwischen 150 und 250 Flaschen und so war es kaum verwunderlich, dass die Flaschen gerade unter Sammlern sehr gesucht waren und sie nur selten zum trinken geöffnet wurden.
Ein Jahr später, 2016, entschied man sich bei Velier erneut zu einer solchen Single Cask-Serie, allerdings wurden nun Fässer aus dem extrem starken Jahrgang 1996 ausgewählt. Dieses Mal wurden sie für Stefano Cremaschi, Guiseppe Begnoni und Old Whisky in Italien, sowie für Kirsch Whisky in Deutschland abgefüllt. Und mit letzterem Rum wären wir dann auch nach einem langen Bogen wieder bei der heute hier besprochenen Abfüllung angekommen.

Eine Besonderheit, die beim Betrachten des Labels des Kirsch Whisky Caronis auffällt ist, dass eine Reifung komplett in Guyana angegeben wird, also von 1996 an. Andere Caroni wiederum, z.B. alle 2000er und auch die anderen 1996er Single Cask von Cremaschi, Begnoni und Old Whisky sollen eine Reifung komplett in Trinidad erfahren haben. Doch wir erinnern uns: im Jahr 2008 kamen einige Velier Caroni-Fässer von Trinidad nach Guyana. Keines war schon vorher dort und die meisten verblieben wiederum auch auf Trinidad. Die Angaben verwirrten mich daher, weswegen ich etwas recherchierte und zu dem Ergebnis kam, dass die Label-Informationen an dieser Stelle einfach falsch sind. Fully matured in Guyana? Gibt es nicht! Fully matured in Trinidad? Gibt es! Aged in Trinidad until 2008 and then at DDL in Guyana? Ebenso ja! Eine Diskussion auf Facebook zeigte sehr eindrucksvoll, dass die Angaben auch andernorts die Menschen verwirren, weswegen ich mich frage, warum gerade Velier, die so sehr auf Correctness wert legen, das nicht korrekt angegeben bekam. Denn auch die korrekte Lagerstätte gehört für mich zu einer lückenlosen und vorbildlichen Deklarierung auf dem Label eines Rums.
Davon aber einmal abgesehen, ist der Informationsgehalt auf dem Label positiv zu bemerken, gerade für ein Single Cask. Man erfährt unter anderem die Fassnummer, die mit #5623 angegeben ist, die Flaschenanzahl (298 Flaschen sind es nur), den Angel's Share (sagenhafte >85%) und natürlich auch den exakten Alkoholgehalt von 62,4% vol.. In Deutschland erschien der Rum, obwohl schon 2016 abgefüllt, im Frühjahr 2017 und erfuhr einen sofortigen Ausverkauf. Der Run auf diese Abfüllung war riesig und groteske Ebaypreise untermauerten das enorme Interesse an dieser Abfüllung und an Caroni und Velier im Allgemeinen. Nun stellt sich eigentlich nur noch eine einzige Frage: kann der Rum am Ende des Tages auch abliefern, was all diese Randnotizen bisher von ihm versprechen lassen? Denn gerade eine Single Cask Abfüllung bietet ja das größtmögliche Spektrum an Individualität. Sie kann genialer sein, als es jede Small Batch Abfüllung je sein könnte, aber der Rum verzeiht nach 20 Jahren wiederum auch keinerlei Schwächen des Fasses, in dem er gelegen hat. Wo also steht der Caroni von Kirsch Whisky, gerade im Hinblick und im Vergleich zu der enormen Qualitätsdichte des Caroni-Jahrgangs 1996? Genau das möchte ich jetzt mit euch herausfinden!



Verkostung des Velier 20 YO Kirsch-Caroni 1996:

Preis: den Rum gab es zum Ausgabepreis von ca. 220 - 300 Euro - für wenige Stunden! Anschließend vervielfachte sich der Preis leider. 

Alter: 20 Jahre reifte der Rum im Fass, von 1996 bis 2016.

Lagerung: Tropical Aged. Auf dem Label ist eine Reife komplett in Guyana bei DDL angegeben, aber tatsächlich lag der Rum erst ab 2008 dort. Von 1996 bis 2008 reifte er in Trinidad.

Fassnummer: es handelt sich um eine 298 Flaschen starke Single Cask Abfüllung mit der Nummer #5623  

Angel's Share: >85%

Alkoholstärke: 62,4% vol. - Fassstärke!

Destillationsverfahren: hier streiten sich die Gelehrten. Gewissheit konnte noch nicht erlangt werden. Die derzeitige Tendenz geht aber dahin, dass eine Pot Still bei Caroni spätestens ab 1975 nicht mehr in Betrieb war. 

Mark: HTR (Heavy Trinidad Rum).

Farbe: Mahagoni, dunkelbraun. 

Viskosität: weite, eher unregelmäßige Schlieren verteilen sich in Tropfen am Glas und laufen langsam und zäh herunter.

Nase: Volltreffer! Eine klare, stiltypische 1996er Caroni Nase, aber ganz groß heute! Der Alkohol ist zu Beginn kurz präsent und macht deutlich, dass wir hier mindestens 60% vol. im Glas haben, verflüchtigt sich aber schnell und fällt in der Folge nicht mehr in irgendeiner Weise negativ auf. Wooohhhuu! Ein traumhaftes, dunkles, intensives und sehr, sehr konzentriertes Bouquet! Der Rum benötigt und verdient sehr, sehr viel Zeit und die soll er natürlich auch bekommen. Zu Beginn habe ich eine Kombination von Caroni-typischen Komponenten wie Lack, Klebstoff, Phenolen und Teer als auch Eindrücken wie Walnuss, Bourbon Vanille, Marzipan und Rosine, sowie letztlich Tanninen und Eichenholz, die dem Fasseinfluss zu verdanken sind. Gerade Marzipan und Rosine bringen eine richtig schöne, natürliche Süße mit sich, die dem Caroni ausgesprochen gut steht! Nur ganz dezent im Hintergrund spielt auch der brennende Fahrradschlau mit. Seine große Stärke spielt der Rum aber auf die Distanz aus: denn nach hinten hin will er einfach nicht enden. Egal wie lange man am Glas riecht, die Nase findet keinen Ausgang. Da kommt immer noch irgendwo eine Komponente, an der sie sich aufhalten kann und sich festbeißt. Bedauerlich ist an dieser Stelle, dass ich nicht in Worte zu packen vermag, was da alles auf einen wartet, denn zu sehr werden meine Sinne immer wieder mit dem unfassbar geilen Bouqut dieses Caronis torpediert. Es kommen noch leichte Anflüge von Minze und irgendwo in einer Ecke ganz weit hinten meine ich dann sogar etwas Bacon noch entdeckt zu haben. Ein liquider Traum!

Gaumen: Sehr cremiges, öliges und volles Mundgefühl. Der Alkohol spielt zu Beginn kurz leicht scharf rein, macht dann aber Platz für alle Eindrücke, die mir doch etwas mehr Spaß machen! ;-) Der Rum legt sich nun richtig herrlich auf die Zunge und umschmeichelt den Gaumen. Da ist zum einen dieses typische Aroma von Caroni aus 1996, für das mir aber nach wie vor die passende Bezeichnung fehlt. Mich erinnert das irgendwie an einen Holzfußboden, wobei das natürlich, wie bei so vielen Assoziationen bei Caroni, keine real erfahrene Grundlage hat. Ich liebe diese spezielle Note! Es schwingen dann aber auch die vielen dreckigen Parts von Caroni mit, wie Teer, Lack oder Phenole, die wir auch schon in der Nase vorfanden. Hier allerdings finde ich sie noch etwas ausgeprägter. Der Rum wirkt für einen kurzen Moment wirklich überaus brennereitypisch für seine extrem lange und zudem tropische Reife. Aber genau diese tropische Reife ist es, die dann verstärkt im zweiten Anlauf durchkommt und die aus diesem Rum das Besondere macht, das er zweifellos ist. Im Hintergrund laufen jetzt immerzu diese kleinen Anis-Schübe nebenher, die typisch sind für lange gelagerte und charakterstarke Rums des englischen Stils. Und was sich durchzieht: das alles kommt wirklich unglaublich intensiv daher. High End Caroni!

Abgang: Sternanis, aber volles Rohr, der sich dazu wunderbar mit frisch geschnittenem Geäst, sowie dem Holz des Fasses verbindet. Dazu Dirty Caroni. Langanhaltend. Legendär!

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Fazit: kurz und bündig: der heute verkostete Rum ist einer der drei besten Caroni überhaupt, die ich bisher im Glas hatte! Dem Kirsch Whisky-Team ist an dieser Stelle also ein sehr glückliches Händchen bei der Auswahl des Fasses zu bescheinigen und an jenes geht an dieser Stelle daher auch mein Dank für diesen Rum! Und wie ich am Stand von Kirsch in Köln erfahren habe, so fiel die Entscheidung zugunsten des Fasses #5623 seinerzeit wohl auch sehr schnell und eindeutig.
1996, da erzähle ich Caroni-Fans kaum etwas neues, ist ohnehin ein wirklich exzellenter und herausragender Jahrgang dieser leider geschlossenen Destillerie. Man kann nahezu jede Abfüllung dieses Jahrgangs blind kaufen, ich hatte bisher nur ein einziges 1996er Bottling, welches mir nicht so gut gefiel (dazu in einem der nächsten Reviews mehr!). Aber diese Single Cask Abfüllung sticht da noch einmal unter all den anderen großartigen 1996er Caroni im Besonderen heraus! Outstanding! Chapeau! Momentan gibt es nur einen einzigen Caroni, allerdings keinen aus 1996, den ich noch über dem von Kirsch sehe. Und diesem ganz besonderen Rum werde ich mich hier auf BAT selbstverständlich ebenfalls noch widmen. Darauf könnt ihr euch schon jetzt freuen!

-98/100-


Und nun wünsche ich euch noch einen schönen Sonntag! Die Frühlingssonne erfasst Norddeutschland und ich hoffe, auch ihr, von wo auch immer ihr das lest, bekommt etwas davon ab. :-)

Bis demnächst,
Flo

Montag, 2. April 2018

Rendsburger Bürgermeister Rum Trinidad 12 YO Caroni 1996

Liebe Rum Gemeinde,

fast fünf Jahre ist es her, dass ich hier mit einem sieben Jahre alten Monymusk aus 1997 erstmals einen Rum der Whiskygalerie Krüger im Glas hatte: einen Rendsburger Bürgermeister Rum! 
Im Mai 2013 war das, nachdem ich zum wiederholten Male dort zu Gast gewesen bin. Rendsburg liegt nur unweit meiner Heimat, weswegen sich Besuche früher sehr häufig angeboten haben. Mein Fokus lag damals aber noch ausschließlich auf Jamaica Rum und so interessierte mich eben vor allem besagter Monymusk. Die berühmten Whiskyauktionatoren hatten damals allerdings auch noch Rums zweier weiterer Destillerien im Portfolio, die ich seinerzeit sogar probierte, auf die ich mich aber nicht richtig eingelassen hatte, da Guyana und Trinidad nicht meine Rum-Regionen waren. Sie hatten keine Chance bei mir, da sie keine bekamen. Es ist sehr bitter sich das eingestehen zu müssen, aber es ist leider wahr. Ich war unfassbar dogmatisch zu jener Zeit, was sich auch erst gewandelt hat, als ich von meiner Auszeit aus der Rumwelt zurück kam. Was für Guyana im großen und ganzen zwar noch immer zutrifft, da überzeugt mich eigentlich nur der Stil Albion restlos, hat sich bei Trinidad hingegen komplett gewandelt, zumindest wenn es um Rums aus Caroni geht. Und ihr merkt worauf es hinausläuft: einen der damals verkosteten Rums habe ich heute im Glas und es ist natürlich einer der beiden 12 jährigen Caroni aus 1996 mit 69% vol. (es gab zwei Fässer/Abfüllungen)! Anders als damals erhält der Caroni heute aber meine volle Aufmerksamkeit und ich werde gleich sehen, ob ich damals doch schon richtig mit meiner Einschätzung lag, dass das nicht meins ist, oder ob ich mich heute dafür ohrfeigen könnte damals keine Flasche dieser Abfüllung gekauft zu haben. Ich habe da ja schon einen Verdacht... aber wir wollen sehen! 

Witzige Anekdote am Rande, um die Selbstoffenbarung hier dann auch in Perfektion abzuschließen: ich weiß noch als wäre es gestern gewesen, dass ich die vielen Caronis dort im Laden stehen sah (Monymusk und Guyana waren quantitativ schon deutlich dezimiert) und nur dachte: 

"Mit denen (den Caronis) wird man auch an jeder Ecke zugeschmissen... und dass die Hütte (Caroni) da dicht ist ändert auch nichts daran, dass die keiner haben will!" 

Und auch wenn ich damals sicher nicht falsch lag: aus heutiger Sicht mutet diese Einschätzung einfach vollkommen lächerlich an. Tja, wer den Schaden hat, braucht für den Spott eben nicht zu sorgen! ;-) 

Verkostung des Krüger Trinidad Rum 12 YO Caroni 1996:

Preis:  der ursprüngliche Preis mutete im Angesicht heutiger Caroni Preise gerade zu surreal an. Er wird wohl bei höchstens ca. 50-60 Euro für 0,7 Liter gelegen haben. Angeboten wurde er aber auch in 0,35 Liter, 0,1 Liter und 0,05 Liter Gebinde. 

Alter:  zwischen 1996 und 2009 lag der Rum im Fass, auf der Flasche ist aber ein Alter von 12 Jahren angegeben. 

Lagerung: mutmaßlich reifte der Rum zunächst in Trinidad, bis die dort lagernden Fässer nach der Schließung von Caroni schließlich Mitte der '00er Jahre nach Europa kamen. Somit nehme ich an, dass der Rum zu ca. 2/3 in Trinidad und zu 1/3 in Europa reifte. Der Geschmack der Abfüllung bestätigt eine solche Annahme auch. 

Fassnummer: #1107

Angel's Share: unbekannt

Alkoholstärke: 69,0% vol.

Destillationsverfahren: unbekannt, keine Angabe. 

Mark: keine Angabe, geschmacklich aber sicher HTR. 

Farbe: trotz der gerade einmal 12 Jahre ist der Rum schon sehr dunkel, was ebenfalls gegen eine längere Reifung in Europa spricht. 

Viskosität: satt und fett legt sich der Rum an die Glaswand und läuft träge in eher engeren und gleichmäßigen Schlieren am Glas herunter. 

Nase: ein Biest! Direkt nach dem Einschenken ist es nahezu unmöglich eine Nase zu nehmen, zu scharf ist die Nase hier noch, zu sehr regiert zunächst noch der Alkohol. Dieser Eindruck verfliegt allerdings nach ca. 15 - 30 Minuten vollständig und an seiner statt habe ich nun ein durch und durch typisches Caroni-Bouquet. Und der Alkohol? Hat sich tatsächlich trotz der immensen Stärke von 69% vol. vollständig verzogen! Ui, was ist hier denn los?! Was für ein Caroni! Die brennereitypischen Komponenten aus Teer, verbranntem Gummi und Phenolen gehen eine wunderschöne Kombination ein mit den Fassaromen, wobei Vanille hier klar am dominantesten ist. Perfekte Ballance in der Nase! Und ganz hinten und eher beim peripheren Nosing auftretend: Medizin und Kräuterschnapps (Jägermeister). Diese Note wird mit längerem Verweilen im Glas stärker und tritt mehr und mehr deutlicher auf. 

Gaumen: Irre! Zunächst einmal fällt auf, dass der Rum, trotz der 69% vol. überhaupt nicht scharf ist! Selbst etwas größere Schlücke sind möglich und man behält den Caroni gerne auf der Zunge. Ich glaube, ich habe zuvor nur sehr, sehr selten einen Rum im Glas gehabt, bei dem der Alkohol besser ins Destillat eingebunden war als bei diesem Rum. Wahrlich außergewöhnlich! Besser kann man einen Rum meines Erachtens nicht ausballancieren!
Geschmacklich bestimmen die dreckigen Caroni-Aromen den ersten Eindruck. Teer, Fahrradschlauch... ihr wisst schon ;) Sie fluten den Mund und füllen ihn gut aus. Hier zeigt sich auch noch sehr viel roher Caronistyle und man wird schlagartig daran erinnert, dass der Rum noch nicht so reif ist, wie die meisten der Vertreter, die man inzwischen so geboten bekommt. Allerdings darf man sich das nicht vorstellen wie beim Velier 12 YO mit 50% vol. So dreckig wie dieser ist der heutige Rum nicht. Denn bei ihm zeigt sich auch hier eine Ausgeglichenheit, die den Rum einfach unglaublich entspannt zu trinken macht. Die Fassaromen haben den Rum abgerundet, ohne ihm seine Ursprünglichkeit zu nehmen. Auch hier kommt wieder die Bourbon Vanille zur Geltung. Smooth. Cremig. Vollkommen entspannt! Caroni pur! 

Abgang: der Rum geht mit einem Schub Anis, verweilt dann am Gaumen und hinterlässt sein Caroni-Flair langanhaltend. 

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Fazit: ich neige hier wohl dazu, von einem nahezu perfekt gereiften Destillat zu sprechen! Zum Ausgabepreis hätte man sich mit diesem Rum damals eindecken müssen, wenn man denn die Qualität von Caroni zu dieser Zeit denn schon erkannt hätte. An mir ist die Destillerie leider viel zu lange vorbeigegangen.
Das stärkste Argument des Rums ist tatsächlich seine Ausgeglichenheit. Dreckig? Da hatte ich schon krassere Caroni im Glas! Fassaromen? Die finde ich bei einigen um die 20 Jahre gereiften Caronis von Velier deutlich ausgeprägter! Abgang? Können andere auch noch langanhaltender! Aber in dieser Kombination und unter derart genialer Einbindung des Alkohols (zur Erinnerung: der Rum hat nahezu 70% vol.!) sieht man so etwas dann eben doch eher selten. Daher muss man konstatieren, dass der Whiskygalerie Krüger mit diesem Fass Caroni ein echter Kracher in die Hände fiel, den sie dankenswerter Weise mit der Welt geteilt haben. Zu sagen, es sei der beste Caroni den ich je im Glas hatte wäre etwas hoch gegriffen, doch er befindet sich momentan definitiv in meinen Top 10! Allerdings muss ich anmerken, dass ich zwar inzwischen doch vieles aus Caroni kenne und stets danach strebe meinen Horizont dahingehend auch noch zu erweitern, ich für viele ältere Jahrgänge, insbesondere die der 1980er Jahre, aber leider zu spät dran bin und daher viele, viele Rums auch noch nicht verkosten konnte. Das kann und soll den heute probierten Rum selbstverständlich in keiner Weise schmälern und abwerten, aber ich empfehle, dies für eine Einordnung in den gesamten Kontext von Caroni doch zu berücksichtigen. Das ist nur fair!
Abschließend empfand ich diese Abfüllung aber auch dahingehend erhellend, als dass für mich endgültig klar scheint, dass es auch tropisch gelagerte Fässer als Bulk nach Europa geschafft haben müssen. Denn dieser Rum, da lege ich mich fest, würde nach 12 reinen europäischen Reifejahren niemals so schmecken wie er schmeckt. Das möchte ich ausschließen. Ich hatte bereits rein europäisch gereifte Caroni im Glas und die waren jeweils eine ganz andere Hausnummer, reichten an Tropfen wie den heutigen nicht einmal annähernd heran! Das macht diesen Rum unter den Non-Velier-Caroni zu einer kleinen Besonderheit und leider sogar schon fast einer Ausnahme!

-94/100-


Ich wünsche euch noch einen schönen Ostersonntag! Bleibt gesund und nehmt euch nach Möglichkeit natürlich auch gerne die Zeit für einen guten Dram!

Bis demnächst,
Flo