Sonntag, 30. Juni 2013

Rum Nation Jamaica Rum SL II 26 YO (1977 - 2003)

Liebe Rum Gemeinde,

heute wende ich mich das erste Mal der Rum Nation-Reihe zu, für welche sich das italienische Traditionsunternehmen Rossi & Rossi verantwortlich zeigt. Lange habe ich diese Serie gemieden. Nicht, weil ich den Rums keine Qualität zugetraut hätte, sondern weil sie schlicht und ergreifend sehr teuer sind und vielfach auch schwer zu bekommen. Das machte andere Rum Serien stets interessanter, aber nun sind auch die sog. "Supreme Lords" dran!



















Beginnen werde ich heute mit dem Rum Nation Jamaica Rum Supreme Lord II, welcher von 1977 bis 2003 lange 26 Jahre im Fass reifte. Wo der Rum gelagert wurde, weiß ich nicht, allerdings werden die Rum Nation Rums alle in Großbritannien abgefüllt, was den Verdacht nahelegt, dass die Rums dort auch eine Weile oder vielleicht sogar die ganze Zeit über lagen.
Wie viele andere Rum Nation auch, wurde der Supreme Lord II mit 45% vol. abgefüllt, also verdünnt. Mit mehr Volumenprozenten ist m.W.n. noch kein anderer Rum Nation abgefüllt worden, lediglich mit 40 oder 43% vol. werden hin und wieder auch einige Rums auf den Markt gebracht.
Die Rum Nation sind Small Batch, sowie Single Domain Abfüllungen. Das heißt, dass die Rums aus wenigen Fässern eines Batches eines Jahrgangs einer Destillerie geblendet werden. Dadurch sind die Abfüllungen weniger limitiert als andere und ca. 1500 Flaschen stark. Im Falle der Jamaica Rums von Rum Nation, stammen alle Abfüllungen aus der Destillerie Long Pond. Bei den Jamaica- und Demerara-Abfüllungen kommen die Rums in sehr edlen, großen, hübschen Holzkisten daher, welche wirklich Eindruck machen!
Weitere Informationen zu Rum Nation lieferte Marco bereits im April.

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Verkostung des Rum Nation Jamaica Rum 26 YO (1977 - 2003) Supreme Lord II:



Preis: der damalige Preis ist mir nicht bekannt, er wird bei ca. 150 Euro gelegen haben, dem Preis, den Rum Nation heute für vergleichbar alte Abfüllungen verlangt. Whisky Antique in Italien hatte den Rum bis vor kurzem noch für 133 und später für 146 Euro gelistet, allerdings waren das Restbestände. Regulär ist der Rum schon seit Jahren ausverkauft!

Alter: der Rum ist 26 Jahre alt und lagerte von 1977 bis 2003 an mir unbekanntem Ort im Holzfass.

Alkoholstärke: der Rum wurde auf einen nicht unüblichen Alkoholgehalt von 45% vol. verdünnt. 

Destillationsverfahren: der Rum stammt aus Long Pond, was für eine Pot Still spricht. Eine Column Still wäre allerdings auch möglich, das wird beim Tasting zu ermitteln sein.

Farbe: ein sattes, dunkles Gold, an hellen Bernstein erinnernd.

Viskosität: an der Glaswand bleiben winzige Perlen zurück, die dann als weite, gleichmäßig und langsam verlaufende Schlieren die Glaswand herunterfließen. Wir scheinen es hier also mit einem recht öligen Rum zu tun zu haben. 

Nase: mmmmhmmm, Long Pond! Blind könnte ich bereits hier erkennen, was ich im Glas habe, ein absolut Still-typischer Rum. Ich bin sofort begeistert. Gegrillte Ananas, minimale alkoholische Schärfe, eine grasige, vegetale Note, feine Orange, klares Wedderburn-Profil. Etwas irritierend: eine leichte Süße, die ich so nicht unbedingt von Long Pond kenne.

Gaumen: leicht wässrig zu Beginn, dann kurz die alkoholische Note, die aber nicht störend wirkt. Der Eindruck aus der Nase setzt sich fort, eindeutig Long Pond! Nussig, strohig, eine leichte Eichenholznote, etwas Anis, Weihnachtsgebäck, wenig Frucht. Trocken werdend, allerdings habe ich auch am Gaumen zunächst eine ungewohnte, fast likörartige, Süße, die mich etwas an den Plantation Jamaica Single Cask 1983 erinnert. Sehr komplex!

Abgang: sehr trocken werdend und langanhaltend. Anis und Walnuss. 

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Fazit: ein typischer Long Pond, der dennoch nicht schmeckt wie alle anderen! Das Jahr 1977 ist einer der frühesten, mir bekannten Long Pond Jahrgänge, aus denen Rums unabhängiger Abfüller resultierten und dieser Rum ist der erste dieses Jahres, den ich aus Long Pond probieren konnte (die anderen waren aus Monymusk, welches einen herausragenden Jahrgang 1976/1977 hat!). Das erhöhte meine Spannung selbstverständlich ungemein, sehr neugierig war ich doch, was mich erwarten würde. 
Im Glas hatte ich dann einen Rum, der zwar typisch war für seine Still, der sich aber dennoch angenehm von mir bereits Bekanntem abhob. Da werde ich mich nach weiteren Rums dieses Jahres umsehen!
Besonders erwähnenswert ist der Reifegrad im Zusammenhang mit seinem Alter. Blind könnte man den Rum auch auf ca. 20 Jahre schätzen, für 26 Jahre ist der Rum wirklich sehr jung geblieben. Wenn man im Vergleich den 30 jährigen Isla del Ron aus 1982 sieht, dann wird das noch deutlicher. Dieser hat im Vergleich schon deutlich mehr Holz abbekommen. Dennoch fehlt es dem Supreme Lord II nicht an Reife, er hat alles, was ein großer Rum braucht. Er ist gereift, ohne dabei wirklich alt zu werden. Der Rum ist ein Beispiel herausragenden Agings!
Eingangs sagte ich, mir seien die Supreme Lords lange Zeit zu teuer gewesen. Ob der heutige Rum seinen Preis wert ist, spielt hier leider keine große Rolle, da man ihn seit langem nicht mehr kaufen kann. Um 150 Euro wird er wohl gekostet haben, das ist eine Menge Geld! Aber wäre er das wert? Jein. Ich habe nicht viel am Supreme Lord II auszusetzen, allerdings hätte der Alkoholgehalt etwas weniger drastisch gesenkt werden können, mir ist er minimal zu dünn. 50-55% vol. hätten ihm sicher noch besser gestanden. Das sieht man an einer ganzen Menge Abfüllungen, die in letzter Zeit auf den Markt kamen, bei denen man sich an diesem Alkoholgehalt orientiert hat. Diese liegen preislich auf einem ähnlichen Level, worin dann letztlich auch das einzige Defizit des Rum Nation liegt. Ansonsten ist das eine Top Abfüllung, die ich garnicht kleiner reden mag, als sie ist. Cum laude! 

Bis demnächst und einen schönen Juli,
Flo

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